Und es ist toll. VIELEN Dank an alle KlaviersponsorInnen, Hammerspenderinnen und Tastenschenker!
Unten Bilder vom Transport, der eher abenteuerlich war.
Hier erstmal schon mal die ersten Dankeschöns für eure Crowdfunding-Beteiligungen! Die Aufnahmen sind jetzt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die transportbedingte Verstimmung setzt langsam ein. Und gestimmt wird frühestens in drei Monaten, wenn sich alles beruhigt hat. So ein Instrument ist halt kein E-Piano. (Zum Glück!)

Gisela hat schon 15 min. nach der Reisemeise gepaypalt 🙂 



Das isses! 



Was ich jetzt mache? Klavierspielen. Und lauter Aufnahmen machen, die so fast gut werden. Irgendwas ist ja immer. Aber es ist eine hervorragende Übung, auch weil es so schön zeigt, wann ich mir wieder großflächig was zurechtgehört hatte. Hach. Ich denk ja dann immer, ich würde die Sachen in zauberhafter Artikulation geradezu dahinhauchen. Und die Aufnahme belegt gnadenlos, dass ich in der Liedbegleitung einfach nur „Plöck, plöck“ gemacht habe, so zauberfrei, wie man sich das nur denken kann.
Hier erstmal die Transport-Arie: Das alte Klavier bekränzt mit Abschiedsblumen und der Abtransport durch den buckligen Garten. Ein Hoch auf die Helden von Firma pianissimo. Das mit den Schienen sieht jetzt so leicht aus, ist es aber, gerade bei engen Kurven und Niveauunterschieden, überhaupt nicht. Es ist nur immer noch besser als Tragen, bei 300 kg Klavier.









Keiner meiner Nachbarn wollte es haben, das Alte, auch nicht geschenkt und umsonst ins Wohnzimmer gebracht. Einige hatten überlegt, aber es scheitert eigentlich immer am Platz. Gerade im Feriengebiet, wo einfach keine 200-qm-Häuser stehen. Also geht es jetzt in die ewigen Jagdgründe ein, nachdem es mich mehr als mein halbes Leben begleitet hat (1994 habe ich es renovieren lassen), und lässt demnächst auf rosa Morgenwolken kleine runde Putten auf seinen Saiten das Harfespielen üben.
In den Tagen, bevor es kam, durfte ich endlich mal wieder arbeiten. Also so richtig echt! Meine Schreibkollegin Geli, die im Mai im abgesagten Buchenried-Kurs das Tönetreffen hätte lernen wollen, kam für drei Tage vorbei, um sich das mal eben zeigen zu lassen. Ich fand das ja tendenziell ein sportliches Unterfangen, vom Nicht-Treffen-Können aufs Treffen-Können drei Tage Lernzeit anzusetzen statt der fünf Kurstage. Aber mehr war nicht drin. Nicht alle KünstlerInnen sitzen bei Corona däumchendrehend in der Gegend rum oder häkeln Handtuchspitzen. Manche müssen auch Bücher schreiben, die dann in 40 Sprachen übersetzt werden.
Also los!
Wir haben rangeklotzt wie bescheuert diese drei Tage. Und sie HAT gelernt! In einem irren Tempo und mit einer entschiedenen Abneigung gegen Pausen. Von Eher-selten-Treffen zu Fast-immer-Treffen, von Es-dem-Zufall-Überlassen-und-das-Beste-Hoffen zu Hinhören und den Stimmlippen Zeit lassen, sich auf den nun glasklar vorgestellten Ton umzustimmen, von Drücken-und-Säuseln zu ziemlich vielen richtig tollen strahlenden Mezzosopran-Tönen, von Keine-Ahnung-von-Harmonielehre zu Akkorde-nach-Symbol-Spielen-und-dazu-Singen (jedenfalls ein bisschen. Ja, auf dem Klavier. Selbst doofer Klavierunterricht in der Kindheit zahlt sich so später aus.)
Weil ihr Ziel ist, in ihren Kinder-Lesungen wenigstens ein bisschen selbst zu singen (Traum in Konfektionsgröße S und gar kein Problem) oder gar mit eigenen Chansons aufzutreten (Traum XXL, auch sehr im Rahmen der Möglichkeiten, schätze ich).
Und bisher hat ihre Familie immer zu ihr gesagt: „Mama, du hast viele Begabungen, aber Singen gehört nicht dazu.“
Ich glaube, sie irren sich. Es war nur eine in der Kindheit irgendwann unterbrochene Lernkurve. Und die haben wir jetzt wieder zusammengelötet, jetzt kann sie sich alles, was sie will, verspätet noch draufschaffen und anwenden.
Und da sie ein unfassbares Arbeitstier ist und extrem gut organisiert (trotz ähnlich sprunghafter und zum Chaos neigender Anlagen wie ich), nehme ich an, dass das jetzt unbremsbar Fahrt aufnimmt.
Woran ich gemerkt habe, dass sie so fokussiert und zielbewusst ist?
Na ja, wenn ich morgens zu einer für mich schon ziemlich ehrgeizigen Zeit ins Wohnzimmer gewankt kam, kam sie mit funkelnden Augen, sich die Haare trockenreibend, von der Terrasse. „War schon schwimmen!“ (bei 14°C Nieselregen). „Das tut ja sooo gut nach dem Joggen. Jetzt pflanz ich noch eben nen Baum oder zwei, dann können wir frühstücken und dann singen.“
Das mit dem Baum ist eine Motivations- und Überwachungs-App, die sicherstellt, dass man seinen Arbeitsplatz nicht verlässt und dortselbst die Finger vom Handy lässt. Wenn man letzteres nicht schafft, stirbt nämlich der Baum, den man durch 45 min. konzentrierter Arbeit zu pflanzen versucht hatte, und steht bis in alle Ewigkeit als Zeichen der eigenen Unzuverlässigkeit und Charakterschwäche im virtuellen Wald rum.

Ich musste ganz schnell darauf hinweisen, dass ich schon aus Datenschutzgründen diese App NIE benutzen würde, weil eine innere Stimme zu Trommelbegleitung röhrte: „Dein Wald wäre LEER! Eine Steppe, ab und an mit einem toten Baum garniert….“ – was nicht wahr ist. Vom Handy kann ich die Finger ziemlich gut lassen, seit ich keine Patiencen mehr drauf habe. Bei mir müsste man Bäume sterben lassen, wenn ich bis zu einer bestimmten Uhrzeit noch nicht dransitze an dem, was ich vorhabe. Ich seh die Wüste schon vor mir!
Von daher ist echter Unterricht mit echten Menschen gerade prima. Heute kam denn auch gleich meine Emsbürener Gesangsschülerin, die coronabedingt mal eben zwangspensioniert worden ist. Obwohl sie ihren Beruf als Grundschullehrerin hingebungsvoll liebt. Aber: Risikogruppe. Zack – raus. Verabschieden von ihren Klassen oder den Kolleginnen? Nö, warum?
Sie kam extra, um etwas für Stimme und Stimmung zu tun. Ich hoffe, das hat hingehauen.
Und übermorgen kommen womöglich die Düsseldorfer, und Donnerstag Anne und Su aus Hamburg, und die meisten wollen nicht nur quatschen und Kuchen essen, sondern auch singen. Das ist toll.

Das Konzert im August, das quasi letzte in diesem Sommer, ist gestern gestrichen worden. Immerhin sind Annette und ich für den 6.8.2021 eingeladen, dort zu singen und zu spielen.
Silberstreifen am Horizont: für die schon abgesagte Celler Schule gibt es vielleicht doch noch eine Möglichkeit, sich dieses Jahr in gemeinsamen Schreibwahnsinn zu stürzen. Das wäre schon echt schön.
Jetzt ist nur noch die Frage, was aus dem englischen Hausbau- und Lehmputzkurs wird. Der ist nämlich verblüffenderweise so ziemlich als einziges Event NICHT abgesagt. Weil ja alles outdoor ist, man verstreut über ein großes Gebiet zelten kann und wir eine kleine Gruppe sind und Abstand halten können. Und weil es Unterricht ist und deshalb wohl unter die Regelungen für „Schule“ fällt, die jetzt wieder anfangen darf.
Der Kurs beginnt am 24.6.
Nun hatten die Briten ja jetzt vor ein paar Tagen die Idee mit den 14 Tagen Quarantäne vorweg. Und zwar streng. Man darf das Grundstück, wo man self-isolated ist, nicht verlassen, auch nicht zum Einkaufen. Ich müsste also morgen los, den Rucksack voller Essen. Problem: Der Zug fährt durch Belgien. Da darf man ohne „triftigen Grund“ erst ab dem 15. einreisen. Oder ich könnte nach Berlin fahren und von da fliegen, was ich ökologisch sehr unsinnig finde. Und dann könnte noch nicht mal die Guitalele mit, damit ich beim 14-Tage-im-Zelt-Rumsitzen-und-sehnsüchtig-über-den-Gartenzaun-Starren wenigstens Gitarre üben kann.
Und zu Hause steht währenddessen ein neues Klavier.
Und ich müsste Anne, Su, Sabine und Klaus wieder absagen.
Das Selva-Konzert mit den beiden Susannen am 21.6. hat sich von selbst zerlegt, ohne dass ich es absagen müsste. Das mit den drei Metern Stuhl-zu-Stuhl-Abstand und dem möglicherweise gefährlich mitsingenden Publikum. Da gab es im Moment keine Lösung, die mit vertretbarem Aufwand hätte umgesetzt werden können. Für alles müssen jetzt nämlich immer die Presbyterien / Kirchenvorstände einen Beschluss fassen. Sonst ist, wenn was schiefgeht, der Kirchenmusiker persönlich haftbar, und das kann sich keiner leisten.
Dafür muss ich also nicht im Lande bleiben.
Aber trotzdem schätze ich nach zermürbender Internetrecherche, ich werde darauf setzen, dass die Briten die Regeln für East Sussex wieder lockern in den nächsten Tagen (angedacht wurde das für einige Regionen, weil es so viel Protest gab), denn in dort sind auch nicht viele Fälle. Ähnlich wie im Emsland. Drückt die Daumen! Ich würde euch so gern darüber schreiben, wie ich ein Haus baue. Aber ich würde tatsächlich nur so mittelgern zwei Wochen fastend oder Porridge essend auf einem Grundstück im Zelt festsitzen (obwohl Torftoilette und Eimerdusche ja durchaus ihren Charme haben), um das lernen zu dürfen.
Ich halte euch auf dem Laufenden!
Für heute viele liebe Grüße
Julia