wer mit den Zweiern und Dreiern gut klarkam, der kann sich dann heute an schwereren Dingen versuchen:
Stark betonte, halb betonte, unbetonte Silben wechseln munter vor sich hin, und sie ergeben heute Vierer- oder Sechsertakte. Hier könnt ihr das Filmchen sehen, welches diese Dinge, wie ich hoffe, gut erklärt. Nehmt euch eine knappe halbe Stunde dafür Zeit, sofern ihr wollt. Zehn Minuten Lehrprogramm, den Rest der Zeit seid ihr dann dran mit Schreiben.
Und immer dran denken, dass lästige Umwege nur dafür sorgen, dass ihr euch in kürzester Zeit super auskennt.
Nachdem hier neulich ein Frachtschiff eine Brücke über den Kanal umgefahren hat (zum Glück nicht die, die ich dauernd brauche) und es im Radio hieß, es werde noch untersucht, ob Alkohol dabei eine Rolle gespielt habe – sollte es mir Sorgen machen, wenn ich so was am Himmel sehe?
Oder war das der Versuch, eine Abkürzung nach da
zu finden?
Möge euch das Blödeln und Schreiben schon zumindest in euren persönlichen Künstlerhimmel versetzen! Viele liebe Grüße Julia
Die unsinnigen Beispiele zum Mit- und Nachlesen:
Vierer, beginnend mit der schweren Betonung: O ° o ° | O ° o ° : Einundzwanzig Mäusebabys fraßen sich durch frisch verleimte Faserplatten, während Leonore auf der Sandbank mit den Zehen spielte. Wunderbares Wetter war im Radio verkündet worden, und es weiß doch jeder, dass die Meteorologen sich nicht irren können, wenn sie prophezeien, dass es sonnig wird, es steht schon in der Bibel, dass auf Regen immer Sonnenschein, zumindest aber wechselnde Bewölkung folgt. Die Mäusebabys aber, die verreckten an den Stoffen, die die Faserplatten aneinander kleben ließen. Viele davon sind für die Gesundheit nicht bekömmlich, auch bei Sonne nicht.
Vierer, beginnend mit der leichten Betonung:o ° O ° o ° O °: Die Elfriede hat behauptet, dass der Ferdi sie verhauen hat, das stimmt doch gar nicht, Ferdi ist nen halben Meter kleiner und er tut doch keiner Fliege was zu Leide, höchstens Kleidermotten haut er in die Pfanne mit nem Spiegelei, dann wäscht er sich die Hände, Salmonellen sitzen häufig auf der Schale, und die will er sich nicht holen.
Sechser, beginnend mit der schweren Betonung: O ° ° o ° ° : Meeresbevölkerung leidet so sehr an der Uferbebauung mit Hochhausruinen. Vernünftigerweise wird niemand behaupten, er hätte davon aus der Zeitung erfahren, schon längst wussten alle, dass Scheinpatriarchen auf Twitter verkünden, die Elbe sei heimlich mit Sahne geflutet. Doch Vorsicht, was die da erzählen, ist sträflicher Unsinn und führt zu Verschwörungserzählungen, passt auf euch auf!
Einer bis Vierer und zurück 1 Mach! Das! Nicht! 2 Finger weg, das ist gefährlich, also ehrlich, hör auf Mutti, denn die weiß so was am besten, 3 jedes Mal, wenn ich gebeten hab, dass du den Herd wieder ausdrehst, hast du’s zwar versprochen, doch hinterher nicht dran gedacht, ja willst DU denn die 4 Feuerwehr bezahlen, wenn sie kommt, um unser Haus zu löschen? Etwa von dem lächerlichen Taschengeld, das nie in deinem Sparschwein landet? 3 Junge, das kannste dir abschminken, denk doch mal selbst nach, das geht so nicht weiter, ich glaube, wir 2 geben dich im Heim ab, so wie deine großen Schwestern und das Baby, also, hörst du? 1 Lass! Es! Sein!
(Kleiner Vorgeschmack auf das, was passiert, wenn jemand nicht gut genug die Aufgaben löst :-))
Über meinen Geburtstag war Annette hier, „meine“ Pianistin, die den umständlichen Weg von München hierher nicht gescheut hat, und wir haben eine Menge Musik gemacht. Macht das Spaß, wenn man das nicht allein tun muss! Wir haben jede Menge Zeug vom Blatt gemuckt, das ich zum Teil seit Jahrzehnten rumliegen hatte, und jetzt weiß ich, welche Noten ich sofort entsorgen kann und welche andererseits unbedingt auf die Übeliste kommen. Außerdem haben wir unser Konzert, das wir eigentlich schick im Schloss von Rothenburg ob der Tauber hätten haben sollen, gut bezahlt und mit Übernachtung dort und so, stattdessen einfach in Kurzform auf meine Terrasse verlegt und das Nachbarinnen-Bastelkränzchen samt Ehemännern und vorhandenen Kindern eingeladen. Sie schmorten auf der Terrasse und hielten sich an den Kühlelementen fest, die eigentlich für die Sahne der Waffeln gedacht gewesen waren, Annette saß im Wohnzimmer am Klavier und ich stand in der Tür dazwischen. Die Nachbarschaft hat brav durchgehalten.
Und danach waren Sabine und Klaus aus Düsseldorf hier zum Singen, und wir haben es tatsächlich bis zu dreistimmigen Sätzen gebracht und die Nachbarschaft gleich wieder beschallt. Und mussten dann feststellen, dass Querdels Hofcafé Sommerpause hat und die sehr gut aussehende Speisekarte vom Hotel Fokus nur außerhalb der Biergarten-Saison gilt. Im Sommer gibt es NUR acht Sorten Bratwurst mit und ohne Kartoffelsalat. Und Schweinelendchen. Ein Wort, das ich immer nach der ersten Silbe trennen möchte. Aus purer Freundlichkeit lief der Koch, der jetzt nur Griller ist, zwischendurch nach drinnen in die Küche und machte mir eine Tomatensuppe.
Und nun bin ich wieder allein hier, und man kann ja nicht den GANZEN Tag baden. Auch wenn die Ems die perfekte Temperatur hat. Also mach ich mal wieder nen Kurs. Schon weil der Celler-Schul-Jahrgang ja mit Appetithäppchen über Wasser gehalten werden muss, bis es im Januar weitergeht. Und wer sonst noch Lust hat, soll sich auf jeden Fall mit ins Vergnügen stürzen. (Und wer nicht, kann von hier direkt zu „liebe Grüße“ springen 🙂
Wir beschäftigen uns jetzt mal mit den Rhythmen der deutschen Spache. Und wie man die bewusst einsetzen kann. Der Inhalt wird FURCHTBAR darunter leiden am Anfang. Deshalb ist es am besten, wir nehmen uns vor, den sinnlosesten Inhalt der Welt zu verfassen, dann sind wir auf jeden Fall erfolgreich – und haben viel mehr Spaß.
Hier wird der Autopilot des Gehirns neu programmiert. Die Suchmaschine, die sonst immer nach gutem Inhalt sucht und den dann mit Heckenschere und Schuhlöffel in die benötigte Form zu basteln versucht, soll jetzt lernen, automatisch und mit Vergnügen auf dem Silbertablett ausschließlich Sätze und Satzteile zu präsentieren, die mit Leichtigkeit absolut elegant die Form bedienen – völlig unabhängig vom Inhalt.
Wenn ihr die Wahl habt, den Satz sinnvoll fortzuführen, bloß mit ETWAS wackelndem Rhythmus oder bildschön ins Betonungsmuster passenden haarsträubenden Unsinn zu schreiben, SCHREIBT DEN UNSINN!!!! Betrachtet es als Neo-Dada und schiebt die Schuld auf mich.
Sooooo lange Zeilen schreiben. Ungereimte Ungereimtheiten.
Ihr braucht Stift, Papier und Küchenwecker o.ä. sowie ca. 20 min. Zeit. 10 min. dauert der Film, 2 x 5 min. dürft ihr zwischendurch schreiben. Wenn ihr wollt, auch länger oder kürzer oder öfter.
Wer unbedingt wissen will, wie ich zu diesem seltsamen Unterrichtsansatz kam: 2009 sollten wir in der VHS Düsseldorf in Elisabeth Kuhs‘ vor schrägen Ideen strotzenden Kursen mal einen Text zum Thema „Zwei“ verfassen, und ich dachte: „Könnte das Thema nicht nur auf alle möglichen Weisen den Inhalt durchziehen, sondern sich zusätzlich noch in der Form äußern, indem der ganze Text in Zweiertakten steht?“ So kam das. Außerdem besteht die Geschichte aus zwei Sätzen auf zwei Seiten. Es sind eher lange Sätze. Und dann habe ich weiterprobiert und kam darauf, dass man wunderbare Inhalte bekommt, wenn man sich um Inhalte nicht kümmert, dafür aber blitzsaubere Form liefert, die einem nicht zu leicht fällt. Weil die normalerweise angezogene Handbremse des Gehirns, die verhindern will, dass wir „Peinliches“ schreiben, dann völlig mit anderen Dingen beschäftigt ist und ein bisschen loslässt. Und weil alles Vernünftige, das wir gern geschrieben hätten, nicht geht, und wir leider gezwungen sind, diesen inakzeptablen Inhalt als letzte Notlösung zu erlauben. Diesen ersten VHS-Text könnt ihr euch bei Interesse hier als pdf ansehen:
Anwendung in freier Wildbahn: Hier ein Beispiel dafür, WIE verschieden genau dasselbe Sujet klingt, wenn es mal im Walzer und mal im Marsch läuft:
Strand von Westerland heute Nachmittag
Unendliches Rollen, hier schwindet das Wollen. Es steigen die Wogen und fallen im Bogen und toben und tosen und plätschern und kippen und grollen und lachen mit schäumenden Lippen. Sie stürzen sich näher, ihr Ziel zu erreichen und müssen doch immer der nächsten schon weichen. Es scheint so viel Kampf und vergebliches Streben und ist doch nur Leben. JH 14.3.12
noch eins, auch von da
Die Nordsee tost ganz ohne Zweck, die Wellen kommen, fließen weg, sie lecken gierig weit ins Land, zerrinnen schäumend auf dem Sand, sie stelln der nächsten schnell ein Bein, da fällt sie drüber, rollt sich ein, fließt unentschlossen etwas seitlich und wird dann selber unvermeidlich vom großen Ganzen aufgesogen. Und die Gemeinschaft dieser Wogen fraß schon halb Sylt. Son Meer ist wild. JH 14.3.12
Stücke von mir, die aus diesem rein rhythmischen Ansatz und unter tatkräftiger Vernachlässigung der inhaltlichen Steuerung entstanden sind (und die beweisen, dass ziellose Blödelei manchmal später zum Broterwerb dient):
Wiebke (YouTube) Viele der Märchenparodien, da bring ich später ein paar Beispiele
In Hennstedt kam mir aus einer Einfahrt eine Dame mit Cowboyhut, kurzem Rock und langen grauen Haaren auf einem E-Mobil entgegengefahren und grüßte freundlich. Gegenüber stakste ein einsames Huhn um den flachen Ziegelbau mit der Aufschrift „Königreichssaal der Zeugen Jehovas“. Kurz dahinter konnte man sich wieder in die Felder schlagen, weg von der Landstraße.
Von Hennstedt aus hatte ich eigentlich eine kurze Etappe von 20 km vor, aber die allgegenwärtigen Umwege schlugen wieder zu in Form eines zauberhaften Moorgebiets namens Viertshöher Moor, dessen Wege so sehr im Zickzack liefen, dass ich am Ausgang keine Ahnung mehr hatte, in welcher Himmelsrichtung ich stand. Und es war bewölkt und der Handyakku leer, weil ich unvorsichtig mit drei Leuten telefoniert hatte während einiger weniger interessanter Wegabschnitte. Das erst Mal Nach-Gefühl-Loslaufen brachte mich in weitem Bogen an einen Wegweiser, den ich schon kannte. Nach links auf einem Weg mit „Sackgasse“-Schild sah ich entfernt eine Gestalt wandern. Ich rief mehrmals „Hallo?“ und „Entschuldigung?“. Irgendwann drehte sie sich zu mir. Ich winkte heftig und lief in die Richtung. Sie drehte sich wieder weg und ging ruhig weiter. Sah ich so beängstigend aus? Hatte sie Angst, ich würde sie anbetteln? Den Eindruck hatte ich am ersten Wandertag am Schloss Rantzau schon gehabt, wo alle Ausflügler sehr ausdrücklich an mir vorbeiguckten, wie ich da auf der Bank saß und Brötchen aß. Jedenfalls holte ich die Dame irgendwann ein, entschuldigte mich, ich hätte sie nicht erschrecken wollen, und sie fragte „Haben Sie gerufen? Das tut mir Leid, ich bin schwerhörig.“ Sie schickte mich dann den ganzen Weg zurück bis dahin, wo ich von der Landstraße abgebogen war, um nicht die ganze Zeit Landstraße gehen zu müssen. Immerhin war da irgendwann noch eine Abzweigung nach links, die mir so aussah, als könnte DAS die gewesen sein, die ich eigentlich gesucht hatte, bevor ich in das schöne Moor geriet, und da marschierte ich dann unverbesserlich wieder nach Gefühl rein. Diesmal war es aber richtig, und es war ein schöner Waldweg, der mir einiges an Landstraße ersparte.
Erst um halb acht kam ich bei Luisas Freundin Elisabeth an, die mir für die Nacht freundlicherweise ein Bett in ihrem urgemütlichen Reetdachhaus angeboten hatte. Ich war nicht mehr zu viel zu gebrauchen.
Am nächsten Morgen hatte ich das Vergnügen, mit Elisabeth und Sohn, Schwiegertochter und zwei Enkeln zu frühstücken, was in mir enorme Hochachtung vor meiner Mutter und Müttern überhaupt erweckt hat. Da gehören schon Nerven dazu, den Nachwuchs länger als ein Frühstück durchzustehen. Der Plan war ja gewesen, von Gnutz aus nur eine kurze Etappe bis zur Arche Warder zu laufen, den Zoo für alte Nutztierrassen mit seinen gefleckten Schweinen und Eseln in Übergröße und lustigen Hühnern mit Federn an Stellen, wo keine hingehören, anzugucken und in einer der Hütten zu übernachten – aber sie sind ausgebucht. Wochenende und keiner im Thailand-Urlaub. Da fährt man nach Schleswig-Holstein. Also beschloss ich, nach Jevenstedt zu wandern, ohne vorher ein Bett zu buchen und es drauf ankommen zu lassen. Ich hatte ja die Matte am Rucksack und den Schlafsack dabei für Notfälle. Die Verpflegungssituation stellte sich wieder ähnlich dar wie in Südfrankreich: die Dörfer haben alle keine Läden mehr. Und keine Bäckereien und nichts. Nicht mal einen Ziegenkäseautomaten. Von daher wollte ich nicht so gerne VOR Jevenstedt übernachten und hungrig schlafen gehen.
Und diesmal hat mir ein Hund die Übernachtung vermittelt. Bei Nienkattbek, wo der unübersichtliche Wald mit Wegen, die alle nicht auf der Komoot-App zu finden sind, langsam wieder offenen Feldern weicht, marschierte vor mir eine Frau mit dünnem braunen Hund, der sich immer und immer wieder zu mir umdrehte und versuchte stehenzubleiben. „Na, SIE müssen ja interessant für meinen Hund sein!“, sagte sie. „Das macht sie sonst nie, sie ist sehr schüchtern.“ Auf die Weise kamen wir ins Gespräch, und dann dachte ich, ich wäre ja blöd, wenn ich sie nicht fragte, ob sie ein erschwingliches Gasthaus mit Betten kennen würde. Und, jawoll, sie brauchte nicht lange zu überlegen, empfahl mir „Möhls“, die hätten von Hotel- bis Monteurszimmern alles und auch gute Küche und beschrieb mir den Weg. Und dann gingen wir bis ins nächste Dorf, wo sie wohnte, und Sie sagte: „Und falls es bei Möhls nicht klappt, DA wohne ich. Dann kommen Sie zurück, ich hab auch ein Gästezimmer.“ Aber Möhls hatte ein lustiges Dachkämmerchen mit Dielenboden und kunststoff-furnierten Möbeln, und ich sank aufs Bett. Und Jevenstedt hat einen richtig großen Supermarkt MIT Postbank und Bäckerei. Da der Ort nur noch 10 km vor Rendsburg ist, was als Tagesetappe viel zu kurz ist, aber gleich neben einem großen Sumpfgebiet namens „Wildes Moor“ habe ich einen Umweg gemacht. Kurz vor dem Moor kam mir auf völlig einsamem Wirtschaftsweg ein Trecker-Oldtimer-Korso mit historischen, lärmenden und qualmenden landwirtschaftlichen Nurzfahrzeugen entgegen, zum Teil mit Fähnchen geschmückt, sicher zwanzig oder mehr knatterten hintereinander an mir vorbei und alle Fahrerinnen und Fahrer winkten mir zu. Zwei rote Porsches waren auch darunter. Ich wusste nicht, dass rote Porsches SO aussehen können. Und als ich dann mit nur zweimal Verlaufen (manchmal ist diese GPS-Funktion echt praktisch, um rauszufinden, wo man gelandet ist) im sonst sehr stillen Wilden Moor angekommen war, hörte man plötzlich Stimmen, und zwar viele, und eine Gruppe von vielleicht 30 SpaziergängerInnen mit 25 Hunden aller Größen und Arten an der Leine kam geradewegs auf mich zu. Ein Mann ohne Hund, aber mit Outdoorhosen mit ausgebeulten Taschen an den Hosenbeinen, die sicher ein guter Aufbewahrungsort für Leckerlis waren, gab die Kommandos. Anscheinend eine pädagogische Veranstaltung.
Die nächste Sehenswürdigkeit war der Aussichtspunkt mit angeblich herrlichem Blick übers Moor. Schon von weitem sah man, dass er mit einer Skulptur geschmückt zu sein schien. Ein Standbild zweier eng umschlungener Liebender, sogar farbig. Beim Näherkommen waren sie denn doch für ein Standbild zu bewegt, und als ich eine halbe Stunde später den Aussichtspunkt erreichte und mal übers Moor gucken wollte, plierte der männliche Teil des Paares, der dem weiblichen galant die gute Aussicht überlassen hatte, immer mal unfreundlich an ihr vorbei, hob demonstrativ ihren Rock und zeigte, wie man aus unbekleideten Hinterbacken einen Hefezopf knetet oder so. Was sagt der Knigge für so einen Fall? Hat man auf die vielgepriesene Aussicht zu verzichten, weil Leute, die sich zum Knutschen den öffentlichstmöglichen Platz ausgesucht haben, da gern ihre Ruhe hätten? Geht man vorbei und grüßt höflich? Fragt man, wo das Ende der Schlange ist? Filmt man unter Anfeuerungsrufen und postet es in sozialen Netzwerken? Ich habe mich da schon ziemlich als Landei gefühlt – obwohl ich ja auf dem Land WAR.
Gleich dahinter traf ich die Gruppe mit den Hunden wieder. Die Vierbeiner waren inzwischen abgeleint, anscheinend war das Seepferdchen bestanden, und man übte sich in fortgeschrittenen Techniken. Ich bin froh, berichten zu können, dass alle HundehalterInnen und alle Hunde das zwischenfallfrei bewältigt haben.
Der Nord-Ostsee-Kanal ist, wenn man nur den Dortmund-Ems-Kanal gewöhnt ist, verblüffend groß und der Fußgängertunnel verblüffend tief und lang – aber mit toller Akustik. Für Konzerte mit Klangschalen und Obertongesang oder dergleichen wie geschaffen. Aber auch zum Unterqueren des Gewässers brauchbar – o.k., außer man hätte Angst vor umschlossenen Räumen oder der ungefähr längsten Rolltreppe Europas.
Na, und dann kam ich im Nordkolleg in Rendsburg an, und wir machten einen Kurzdurchgang der Celler Schule. In gigantisch großem Seminarraum, wo man das Gefühl hatte, sich aufrichten und laut rufen zu müssen, damit alle etwas hören – was für Körperpräsenz beim Unterrichten gar nicht schlecht ist und besser ging als gedacht. Für alle, die nicht wissen, was die Celler Schule ist: Jedes Jahr gibt es eine von der Gema-Stiftung finanzierte zweiwöchige Masterclass für Liedtexterinnen und -texter aller Sparten von Schlager über Rap bis Kabarett. Eine großartige Spielwiese im Kreise ähnlich verschroben tickender Gehirne und ein unschätzbares „Nestwerk“ (wie Thomas Woitkewitsch zu sagen pflegt) gegenseitiger Unterstützung. Außerdem ein Ort, wo man unfassbar viel lernen kann, falls man das Glück hat, einen der zehn Stipendienplätze zu ergattern. Mir gelang das 2011, und weil ich nicht genug kriegen konnte, bin ich jetzt Mitglied des Teams und habe die Ehre, jedes Jahr die spannendsten Leute dort zu treffen und sie mit gnadenlosem Handwerk traktieren zu dürfen. Und selbst immer wieder mitzulernen.
Dieses Jahr mussten wir natürlich vieles anders machen. Dass jeder einen Sechsertisch für sich allein hatte, war nicht das einzige Gewöhnungsbedürftige. Wir haben deshalb erstmal nur eine Woche miteinander gearbeitet und uns auf die Sachen beschränkt, die mit wenigen GastdozentInnen funktionieren. Von superseriösem Urheberrechtsvortrag bis zu hingebungsvoller Blödelei wie der 5-Zettel-Geschichte, bei der jedeR auf zwei gelbe Zettel je eine Hauptperson schreibt wie „Anna-Hermine Prieselmann, Kindergärtnerin mit Reimzwang“ oder „Der weiße Hai“ oder „Johannes-Maximilian, 4 Jahre, beißt jeden“. Auf einen rosa Zettel kommt der Grundkonflikt für eine Geschichte. „Pizza oder Döner?“, „Wer muss Unterhalt zahlen?“ „Rasende Eifersucht“ oder so. Ein blauer Zettel enthält den Ort, wo alles stattfindet wie etwa: „im Besenschrank des Bundestags“, „in einem defekten Skilift“ (oder sagt man „auf“?), „in einem Vorort von Atlantis“. Und ein grüner Zettel bekommt einen schmissigen ersten Satz, der schon mitten in die Geschichte führt. „Brems! Ich habe BREMS ges…..AAAAAAHHHH!“, oder „Das hätte ich nicht von dir gedacht!“ Oder „Vierundzwanzig Nieser sind eine ganze Menge.“ Dann falten alle hämisch kichernd ihre Zettel zusammen (weil sie ja denken, die ANDEREN würden die ziehen), schmeißen sie in einen Korb – und in der nächsten Runde ziehen sich alle irgendwelche Zettel in den richtigen Farben, falten sie auf, schreien entsetzt auf, verwünschen die anderen (oder auch sich selbst) – und schrauben dann in 30 – 40 Minuten aus unmöglichem Ausgangsmaterial eine wie auch immer geartete Geschichte zusammen. An allen Gesetzen der Logik vorbei und nach Bedarf auch mit open end wie „Fortsetzung folgt“ oder „Wird unser Held die Heimat je lebend wiedersehen? Lesen Sie weiter in der nächsten HörZu.“ Das ist jedes Mal ein sehr effektives Enthemmungsmittel und die Vorleserunden ein ausgesprochenes Vergnügen.
Und weil jetzt bis zum zweiten Block ein halbes Jahr zu überbrücken ist und ich womöglich ab und an mal lustige Schreibanregungen für die Zwischenzeit aufnehme, kann es sein, dass ich hier demnächst auch mal so was reinstelle, für alle, die Spaß am Ausprobieren haben.
Viele liebe Grüße fürs Erste – genießt es, dass wir mal wieder Hochsommer haben! Ich spring jetzt in die Ems. Julia
Hallo ihr Lieben! Die Sommerwoche in Medititation des Tanzes mit Heidi Hafen, bei der ich den Gesangs-Part des Unterrichts beisteuern durfte, war ganz herrlich und eine Energietankstelle. Jedenfalls, als wir uns erstmal zurechtgeruckelt hatten. Mit Aufteilung in Kleingruppen in zwei großen Räumen. Mit Tanzen ohne Maske – dann aber für jeden Gang auf den Korridor eine aufsetzen. Obwohl wir die einzige Gruppe im Haus waren und außer uns nur noch je zwei Angestellte Dienst hatten. Zum Glück fielen uns solche Lösungen ein wie: Das Klavier in die Terrassentür stellen, zwei Drittel der Gruppe, denen Frischluft wichtiger als gute Akustik war, stehen draußen (ggf. unter Sonnen- oder Regenschirmen), die anderen drinnen, was die Aufteilung in Kanongruppen sehr leicht macht. Oder gleich mit kilometerweise zusammengestöpseltem Verlängerungskabel die Musikanlage auf die große Wiese stellen und im riesigen Kreis tanzen und singen.
Es war erstaunlich, wie anstrengend wir alle die Tage voller Tanz und Gesang fanden. Aber, wie Heidi richtig sagte: Wir alle hatten seit Monaten nicht getanzt, nicht gesungen und waren kaum mal in einer Gruppe unterwegs gewesen. Und: anscheinend ist gerade das Verbinden mit anderen zum Paar oder zur Kreisform einer der Punkte, die beim Tanzen Kraft geben. Und hier standen wir und versuchten mit aller Kraft, dem Gesetz Folge zu leisten und Abstand zu halten, tanzten vereinzelt vor uns hin, genossen die Form und litten doch unter der Instabilität, die aus der Vereinzelung kam. Heidi hatte dann die Idee, immer morgens mit frisch gewaschenen Händen zwei Tänze mit Handfassung zu tanzen, dann allein weiter, und vor der Pause noch einen letzten mit Fassung zum Kreis – und dann rannten alle (mit Masken auf) Richtung Bad und stellten sich in die Schlange vorm Waschbecken. Schon komisch. Aber – es war das beste, das wir kriegen konnten, und pünktlich zum Kursbeginn hatte die Niedersächsische Regierung Kontaktsport bis zu dreißig Personen in geschlossenen Räumen erlaubt.
Luisa hatte ihre Harfe dabei und hat begleitet, wenn wir draußen gesungen haben. Und abends hat einmal sie ein Märchen erzählt, einmal Uschka, eine andere Märchenerzählerin in der Gruppe. Und natürlich hab ich auch ein bisschen kabarettiert. Damit ich nicht völlig aus der Übung komme.
Der Plan war ja, vom Tanzkurs in Springe zur Celler Schule nach Rendsburg zu wandern. Schon, um die beiden Orte miteinander zu verbinden – wo wir schon mit der Celler Schule aus Springe weg mussten. Ein einfacher Blick auf die Karte zeigte dann die Kombination von sechs Wandertagen und 280 Kilometern, was auch Hagemannscher Berufsoptimismus nicht unter einen Hut kriegte. Ich ließ mich also am Ende des Tanzseminars mit Luisa zusammen bis kurz vor Hamburg mitnehmen und dann von Luisa leicht überreden, am Montag erst noch mal zusammen auf dem neu ausgeschilderten Rundwanderweg rund um Hamburg im Grünen zu wandern. Was klasse losgeht, mit Bootsfahrt nach Teufelsbrück und dann tatsächlich ziemlich viele grüne Abschnitte hat, dafür, dass es Großstadt ist. Einige berückend schön. Andere mit etlichen großen Straßen und Einkaufszentren drin, was nicht schön ist, aber natürlich praktisch, wenn man Hunger hat. Sage ich jetzt aus der Weisheit, die sich mir im ländlichen Schleswig-Holstein aufdrängt, wo es kein bisschen mehr Läden gibt als im ländlichen Südfrankreich und die Frage des Hungers beim Wandern wieder anfängt, ins Gewicht zu fallen.
Es ist ja ein bisschen peinlich, zugeben zu müssen, dass meine 77-jährige Mutter ein schnelleres Durchschnittstempo anschlägt als ich mit all meinen Wanderkilometern. Ich habe mich aber geniert, sie zu bitten, ein bisschen zu bremsen, schon weil ich weiß, dass sie es viel anstrengender findet, zu langsam zu wandern, als ungebremst losrauschen zu können. Und anstrengend war ich bestimmt in der Trotzphase schon genug. Immerhin fanden wir schöne Gelegenheiten zum Pausenmachen und Broteessen und mit Eis- und Limoverkäufern Schäkern. Es ist großartig, wenn man solche Ausflüge auch nach der Pensionierung noch mit seinen Eltern machen kann. Zumindest mit den überlebenden.
Abends habe ich dann die Tour nach Rendsburg mit der Komoot-App geplant. Dies ist keine Schleichwerbung. Ich finde sie o.k., aber nicht überragend. Man sieht vor allem in den Ortschaften viel zu wenige Straßennamen, oft aus dem idiotischen Grund, dass die blaue Linie, der man folgen soll, sie verdeckt. Außerdem muss man nach der Grob-Planung dann immer mit diversen weiteren Apps die Übernachtungen organisieren und dann die Feinplanung noch mal von Bett zu Bett vornehmen, und wenn man Pech hat, sind die Betten dann so zueinander gelegen, dass man viel Landstraße läuft, um das jeweils nächste zu erreichen. Aber dafür kann die App nichts, das liegt daran, dass Verbindungswege lieber für Autos gebaut werden als für Fußreisende oder Pferde. Am nächsten Morgen fuhr ich nach Pinneberg und lief los. Landstraße bei Regen. Ihr erinnert euch, dass man große Unternehmungen besser mit ungünstigen Umständen beginnt, damit man nachher dankbarer ist. Das hat wieder gut geklappt. Das abendliche Quartier war ein Bauernhof mit netten Zimmern, der nicht Vermietetes bei AirBnB billig verscheuert. Das dann aber ohne das angepriesene herrliche Frühstück.
Mittwoch war es schon weniger feucht und die Landschaft zum Teil großartig. Wie im Dänemark-Urlaub. Eindrucksvolle Wolken, wie Brotteig auf die unterste Luftschicht geklopst, so dass sie unten ganz plattgematscht waren und oben wie Baiser. Und Kornfelder und Weidenröschen. Da die App mir hier reichlich viele Straßen und Fahrwege vorschlägt, nutzte ich die erste Gelegenheit, im Wald einen als Trampelpfad eingezeichneten Abzweig am Waldrand entlang auszuprobieren. Er erwies sich als berückend schön und voller wilder Himbeeren, die keiner gepflückt hatte, weil es offiziell ein Reitweg war. Und Reiterinnen steigen nicht von Pferden wegen ein paar Himbeeren. Sie sind zu weit oben und meist auch zu schnell. Merke also: es lohnt sich, ab und zu die vorgezeichneten Wege zu verlassen.
Ein paar Stunden später wollte die App mich etliche Kilometer auf dem Radweg neben einer vielbefahrenen Landstraße entlang führen. Aber – da war wieder so eine Alternativroute mit kleineren Wegen, ein bisschen länger, aber sie ersparte mir die Landstraße. Ich ging also zwei Kilometer nach links, ebenfalls Straße, nur ohne Radweg daneben, und fand mich am richtigen Abzweig in moorige Wiesenlandschaft. Vater und Sohn führten da gerade zwei Hunde hinein. Sicherheitshalber fragte ich nach, ob ich da nach Kellinghusen käme. „Nee. Die Brücke ist weg. Der vorige Bürgermeister hat sie vor zwei Jahren als erste Amtshandlung abreißen lassen, weil sie angeblich unsicher war. Quatsch. Die war auf zwei Stahlträgern, die war stabil. Da war bloß ne Lücke zwischen Weg und Geländer, da hätte man mit nem Winkeleisen kommen müssen – na, nun ist sie weg. Und der Bürgermeister auch schon wieder. Und ne neue Brücke ist noch nicht in Sicht.“ Er beschrieb mir dann den Weg nach Kellinghusen mit 5 km Umweg. Was mich nicht begeisterte, weil die Etappe sowieso schon 25 km lang war. Immerhin war der Umweg, nachdem man zwei km später von der Straße weg war, unheimlich schön durch blühende Wiesen.
Und so uneindeutig, dass ich mich gleich noch ein zweites Mal gründlich verfranzt habe, diesmal nicht durch fehlende Infrastruktur, sondern durch Verwechseln von rechts und links. Es wurde spät und später. Ich hatte, weil die Unterkünfte überhaupt nicht so dicht gesät sind, wie ich mir gewünscht hätte, auf ein kleines Hotel namens Seelust zurückgreifen müssen, und die hatten Check-In bis 18:00 Uhr. Es wurde echt knapp. In Kellinghusen versuchte ich noch was zu essen zu bekommen, aber die nicht generell geschlossenen Restaurants machten gerade Nachmittagspause, nur das Eiscafé hatte Erbarmen und servierte mir Apfelstrudel. Aber als Frühstück plus Mittagessen war das mager. Der türkische Gemüseladen am Ortsausgang rettete mich, und schwer bepackt rannte ich weiter. Es war erstaunlich hügelig, verglichen mit dem Tag davor. Und schön waldig. Ich schaffte es bis kurz vor sechs, und das Hotel ist so süß, dass ich es hiermit wärmstens empfehle. Es liegt in Hennstedt im Ortsteil Seelust. Mit den Ortsnamen hier muss man aufpassen, sie sind so wenig variiert wie auf Bali die Vornamen. Langjährige LeserInnen werden sich erinnern, dass da beim einfachen Volk die Kinder schlicht numeriert werden. Das älteste, egal ob Junge oder Mädchen, heißt „das Erste“, das zweite „das mittlere“, das dritte „das kleine“, das vierte so was ähnliches wie „och Gott, NOCH eins!“, und dann fängt man wieder von vorne an. So ist das in Schleswig-Holstein auch. Man kann in Henstedt-Ulzburg aus dem Zug steigen und zwei Tage wandern und landet in Hennstedt. Nichts gewonnen außer einem N. Ähnliches geht mit Barmstedt und Bad Bramstedt. Ich glaube, Legasthenie führte hier schon zu Todesfällen durch Verhungern auf der Landstraße. Es gibt auch an jeder Ecke Ortschaften namens Schülp. Aber das ist verständlich, denn hier ist alles moorig, und sicher hat man da überall Schilf für die ehemals allgegenwärtigen Reetdachhäuser geschnitten. Heute gibts noch etliche, aber viele der altehrwürdigen Bauernhäuser schmücken sich heute mit verschiedensten Formen von Wellblech oben drauf. Nicht so das Hotel Seelust in Hennstedt. Es liegt entzückend am Seeufer, dessen gegenüberliegende Seite nicht bebaut ist, so dass man von der Kaffeeterrasse einen tollen Blick hat. Einmal sprang etwas so Großes aus dem Wasser, dass ich dachte, ein größeres Ferkel gesehen zu haben. Bis ich richtig hinguckte, sah man natürlich nur noch Ringe auf dem Wasser. Ein Hotelmitarbeiter sagte, ja, sie hätten da einen ganz alten Hecht, der da immer spielte, und weil in dem See nicht geangelt würde, würde er halt in Ruhe immer älter. Außerdem hat das Hotel sehr schnuckelige Zimmer mit Blümchentapeten und begehbarem Wandschrank oder Wände in himmelblauen Streifen mit passenden Nachttischlämpchen zu bieten und eine sehr schöne Sauna in Lehm- und Kalkputz („bumpy walls“ der Extraklasse!) mit Fenstern und Seeblick, die sie extra für mich eingeheizt haben. Zum Abkühlen kann man sich auf der Dachterrasse in einen Schaukelsessel fläzen und lustige Lieder über „Staub“ verfassen. (Nicht weil es da staubig wäre, sondern weil es die Kursaufgabe für die Celler Schule ist, die ja am Horizont dräut.) Abgesehen davon ist das Personal wonnig und das Frühstück prima. Auch die Abendkarte sah mir gut aus, aber ich musste ja meine Kellinghusener Einkäufe aufessen. Also: Wer nicht weit weg von Hamburg mal Kurzurlaub mit Wellness machen will und Erholung pur braucht: Hotel Seelust!
Anscheinend gab es Schwierigkeiten mit den Fotos. Wer die erste Lehmputz-Folge noch mal bebildert sehen möchte, kann das hier.
Hallo ihr Lieben! Das bleibt natürlich nicht so, dass man am zweiten Tag die Techniken vom Vortag schon leicht findet….
Kalkputz ist ein schönes Beispiel. Die gut verstreichbare Leberwurst von gestern verhält sich heute wie nasser Sand. Man kann den Putz auf der Unterseite der Fensterleibung verteilen, klar, aber kaum zieht man die Hand weg, kommt er wieder runter, und das so regelmäßig und dickköpfig wie ein Kleinkind, das gerade gemerkt hat, wie lustig es ist, seinen Schnuller aus dem Wagen zu schmeißen und zu warten, bis ihn einer aufhebt, nur um ihn dann mit herausforderndem Blick sofort wieder zu schmeißen. Im Prinzip brauchen wir uns nicht zu wundern, unsere Hunde trainieren wir ja auch genau auf diese stumpfsinnige Reaktion. Und so hob ich denn wieder und wieder die abgestürzten Bröckchen an, vermischte sie mit frischem Material, mit etwas mehr Wasser, mit etwas mehr Lehm, mit etwas mehr Kalk, klebte sie wieder in die Fensteröffnung und sammelte sie wieder auf. Das Ganze erinnerte sehr an meinen Versuch, die Schlafzimmerwand zu verlehmputzen vor neun Jahren. Irgendwann kam Paulina (irgendwann kommt sie immer) und konstatierte: „Too dry! Lime LOVES wet!“ Sie ließ mich die erste Kalkschicht ordentlich vorwässern und den Matsch für die zweite viel matschiger machen – und ab da ging es wieder. Allerdings war die erste Schicht so trocken, dass sie das Wasser aus der zweiten geradezu raussaugte, und das Ganze trocknete wahnsinnig schnell. Als ich also an der Innenseite des Fensters darangehen wollte, Ornamente reinzuschnitzen bis zu meinem schönen roten Unterputz, da war es schon zu spät und der Putz so hart, dass ich nur noch ein verlorenes Blümchen in die (gelb unterlegte) weichste Ecke ritzen konnte, der Rest war schon wie Stein.
Zumindest auf der Außenseite der Wand haben wir aber noch ziemlich viele Muster hingekriegt. Weil sich die drei anderen nicht getraut haben, wurde ich verdonnert, einen zusammengerollten Fuchs und einen stilisierten Hirsch auf die Wand zu zeichnen. Nach Vorlagen, die Paulina mir auf dem Handy-Bildschirm rüberreichte. Und Matilde hat eine großartige Sonnenblume um das olle Lüftungsrohr geschnitzt. Und Nina hat auf ihr Baum-Relief eine rot-gelbe Eule gesetzt und rote und gelbe Blätter von den Ästen wehen lassen. (Sie hatte die Wand erst gelb und dann rot verputzt, bevor sie mit der Kalk-Leberwurst anfing, so dass sie jetzt, je nachdem wie tief sie einschnitt, wahlweise gelbe oder rote Motive oder rote mit gelbem Rand oder umgekehrt hervorzaubern konnte.
Dave hat sich eine Weile gesträubt, er tut immer so, als hätte ers nicht so mit der Kunst, aber dann hat er liebevoll den Fuchs ausgeschnitten.
Wichtig ist dabei, dass die Schnitte (mit einem scharfen Küchenmesser oder einem Linolschnitt-Werkzeug oder einem Skalpell) ziemlich genau im 45°-Winkel eingeschnitten werden, so dass die Linien, wenn sie durch ca. 1,5 cm Putz durch müssen, ziemlich breit werden. Von daher empfiehlt es sich, nicht allzu filigran vorzuzeichnen, das würde dann im Endeffekt eher eine Art schraffierter Fläche ergeben. Um mein Fenster rum hatte ich nicht allzu viel Raum für Kunst, da habe ich mich an schlichte Ornamente gehalten. Aber eine kleine gelbe Maus, die vorm Fuchs wegläuft, die musste noch drauf. Was ihr nicht klar ist, ist, dass sie genau auf den Ast mit der Eule zuläuft. Natur ist unbarmherzig.
Es ist ganz wunderbar, wie gut wir inzwischen zusammenarbeiten. Ohne viele Worte übernehmen wir die Ecken, die als nächstes dran sind. Wenn sie allzu sehr im Wandviertel von jemand anders liegen, vergewissern wir uns kurz, dass der Jemand tendenziell eher dankbar als beleidigt ist, dass da jetzt weitergearbeitet wird, und dann werfen wir uns mit dem ganzen Herzblut daran, auch diese Stelle der Wand NOCH schöner werden zu lassen. Und manchmal beratschlagen wir kurz, ob da nicht irgendwo noch mehr ROT hin müsste (meistens einigen wir uns auf ja, mehr Rot), und dann zückt irgendwer eine der winzigen japanischen Putzkellen und bringt ein bisschen roten Putz auf irgend eine vorher braun gebliebene Kante auf.
Und immer, wenn eine oder einer von uns kurz weggeht, um was zu holen oder zu essen, und dann wiederkommt, bricht sie oder er in entzückte Ausrufe aus und strahlt. Selbst wenn sie / er nur zwei Minuten weg gewesen war. Nebenher haben wir auch noch Lehmfarbe hergestellt. Mit der Weizenpaste (hatte ich schon erzählt, wie wir die gekocht hatten? Im Prinzip wie Schokoladenpudding ohne Zucker und Kakao) – jetzt weiß ich die Reihenfolge der Zutaten schon nicht mehr. Irgendwas streute man ins Wasser und ließ es nass werden vorm Umrühren. Ich glaube, das waren die Pigmente. Und mit Wasser ist diesmal Weizenpampe gemeint. Und dann wird der feinstgesiebte Lehm reingekippt und doppelt so viel Sand und dann noch ein drittes Mal so viel Sand hinterher, und das Ganze muss die Konsistenz von Quark oder so haben. Dann kann man mit dem dicken Quast die Wand damit streichen, dreimal, und dann entweder ganz feucht noch alles spachteln, damit es wie glatter Putz aussieht, oder halbtrocken alles mit dem Schwamm verreiben, damit die Pinselstriche weg sind und es wie rauher Putz wirkt.
Ich hatte mich ja entschlossen, doch nicht die Nachtfähre zurück zu nehmen, sondern die am nächsten Tag um 14:00 Uhr, damit ich nicht am letzten Kurstag immer unter Zeitdruck wäre und an den letztmöglichen Zug dächte. Von daher hatten wir alle jetzt die Ruhe weg und fanden immer noch mehr Ecken, wo wir nachschnitzen und noch mehr bunten Putz und bunter Farbe aufbringen mussten. Und die Kanten zwischen zwei verschiedenen, aber gleich hohen Putzschichten, die eigentlich NIE ordentlich werden, solange man noch kein japanischer Master Plasterer ist, die kann man dann (bei Lehm noch länger, bei Kalk immerhin so lange, bis er zu hart dafür ist) mit scharfem Messer und der berühmten 45°-Kante in herrlichen Linien in Form schneiden, so dass das alles genau so gewollt aussieht.
Und irgendwann gegen sechs war diese Wand tatsächlich unwiderbringlich fertig. Und wir standen und staunten. Über die Wand und über uns, die als blutige Bau-Laien vor zwei Wochen angereist sind und jetzt hergehen könnten und sich eine Behausung aus Erdsäcken bauen und zu einem hinreißenden und regenfesten Kunstwerk verputzen könnten. Wir jubelten und fielen uns um den Hals (wir waren ja inzwischen zwei Wochen zusammengewesen, ohne dass jemand gehustet hatte) und machten eine Menge Fotos. Und dann wuschen wir die Werkzeuge. Und fielen uns wieder um den Hals und versprachen uns, uns gegenseitig bei allen Bauprojekten zu helfen.
Am Ende des Kurses haben wir noch ausprobiert, wie leicht oder schwer unsere Probe-Pattys zu zerbrechen waren – sie waren alle verblüffend stabil. Die mit dem langen Stroh drin waren fast nicht kleinzukriegen. Das verheißt Schönes für die Stabilität nicht nur eines Lehmputzes, sondern auch von Strohlehm-Mauern.
Es ist so irre, dass man so viel so Grundlegendes einfach lernen kann. Einfach so. Von Nicht-handwerklich-geschickt zu Brauchbare-Verputzerin mit Ansätzen von Ahnung vom Handwerk und etlichen guten Putzrezepten und ihren Abwandlungen im Kopf. Plötzlich rückt das Verwirklichen von Träumen in ganz greifbare Nähe, und man merkt, dass es nur nötig war, zu gucken, was man denn können muss, um sich den Traum verwirklichen zu können, und dann nachzugucken, ob man das lernen kann, und dann: es zu lernen. Und die meisten Sachen KANN man ja lernen. Manches ist komplizierter, Reetdächer sind eher nichts, um sie in einem Zweiwochenkurs herstellen zu lernen. Aber wie sinnvoll, daraus nicht den Schluss zu ziehen, ALLES Bauen sei nur mit vierjähriger Lehre plus Ingenieurstudium zu bewältigen! Also, ich bin jedenfalls hin und weg.
Die anderen fuhren dann einer nach der Anderen. Von Matilde konnte ich mich fast nicht trennen. Wir mussten einige Male umkehren und uns ein weiteres Mal umarmen. Paulina und Walter haben mich dann freundlicherweise noch mit zu sich genommen zum Telefon-Aufladen und Duschen – beides dringend nötig. Dann bin ich bei einbrechender Dämmerung eine halbe Stunde zurück zur Farm gelaufen – das erste Mal, dass ich im Ort zu Fuß unterwegs war. Ich war ja so self-isolated gewesen, dass ich das Grundstück quasi nicht verlassen hatte. Als ich ankam, war das Tor zu und mit Kette gesichert. Anscheinend hatte Stuart nicht damit gerechnet, dass ich die Nacht noch da übernachten wollte. Seitlich über eine brombeerige Böschung und hohes nasses Gras kam ich aufs Grundstück. Das Zelt hatte ich mittags schon abgebaut und schlief in der Jurte mit den beiden Katzen zusammen. Und morgens eilte ich zum ersten Bus – und stellte fest, dass ich meine eingewechselten 20-Pfund-Noten (die haben ein Fenster, wo man durchgucken kann!) noch nicht angebrochen hatte. Im Bus gibts aber grundsätzlich kein Wechselgeld. Und der Fahrer hatte keine Zeit, zu warten, bis ich irgendwo hätte wechseln können, und Euros wollte er auch nicht, also sagte ich ihm, dann solle er halt die 20 Pfund nehmen. Daraufhin sagte er „Travel!“, und schob mir die Banknote wieder rüber. Und als ich mich am Bahnhof von ihm verabschiedete und ihm noch mal ganz schrecklich gedankt habe, da sah er schon nicht mehr so grummelig aus. Nach unserem friedlichen Bauen auf dem Bauernhof war dann London, vor allem St. Pancras, wieder Stress pur. Mit wahnwitzigen Sicherheitsmaßnahmen und ständigem Zurückpfeifen und Ordnen („ZWEI Meter Abstand bitte, ja auch Sie! Und nicht DA lang, sondern da. Und nicht so nah an meinen Schalter bitte. Maske hoch. Nein, links lang! ZWEI Meter Abstand bitte, ein Meter ist es erst ab morgen!“) Wenigstens eine Angestellte zwinkerte mir zu, als ich sagte: „Ach so, heute ist das alles noch viel gefährlicher, oder?“ Ich hatte nämlich doch nicht die Fähre nehmen können, weil sie nicht um zwei fuhr (das war die Abfahrt von Hoek van Holland gewesen, nicht die von Harwich), sondern schon morgens um neun – nicht zu schaffen mit der Bahn. Also wieder Eurostar, zu atemberaubenden Phantasiepreisen. Da hätte ich auch mit der Nachtfähre in der Erste-Klasse-Außenkabine fahren können. Nächstes Mal dann. Nächsten Sommer macht Paulina einen Strohballen-Baukurs, und wir wollen alle wieder mitmachen. Ich halte euch auf dem Laufenden.
Viele liebe Grüße Julia
Fotos der Lehmputz-Seiten: Nina Kitchin (fast alle) und ich.
Hallo ihr Lieben! Ablauf eines normalen Clay-Plastering-Kurses bei Paulina: sie stellt eine neue Technik vor, gewöhnlich die nächste Schicht der untadeligen sechsfach verputzten idealen Lehmwand. Man setzt die dazu erforderliche Lehm-Stroh- oder Gesiebter-Lehm-Strohschnitzel-Sand- oder Lehm-Sand-Pigmentmischung an, vergnügt sich, während sie quillt oder sich setzt oder was diese Mischungen sonst so tun, wenn man nicht hinguckt, mit letzten Verfeinerungen der Technik von gestern, die heute kinderleicht ist, fragt sich, warum man sich dabei je so blöd angestellt hat, und steigt dann mit neuem Werkzeug und neuen Anweisungen auf die aktuelle Technik um. Und muss feststellen, dass man leider der totale Handwerks-Töffel ist mit Null Ahnung von nichts und eklatanter Unbegabung. Die Putzbatzen regnen auf den Boden, die japanischen Master-Plasterer-Kellen schneiden tiefe Rillen in eigentlich schon ganz schön gewesene Putzschichten. Paulina sagt: „Das machen wir jetzt ein paar Stunden, bis…“, und man denkt: Ist die irre? Stunden sollen wir mit diesem Frust klarkommen? Und man sieht, wie die drei anderen langsam besser werden. Und man selber hat dieses Wandstück mit dem unregelmäßig geformten Fenster drin. Und Irgendwann verstummen die Gespräche, und alle vier sind wir ganz versunken dabei, unsere Wand mit einer glatten Glasur aus glitschigem Strohhäcksel-Lehm zu überziehen. Nur ab und zu ruft jemand: “This is aMAZing! So wonderful!“, oder ähnliches. Und wer immer von uns mal kurz weggeht, um ein anderes Werkzeug zu holen oder was zu essen, lacht erst mal begeistert auf, wenn er oder sie um die Ecke kommt und die Wand wieder sieht. Sie ist nämlich mitnichten hässlicher geworden als sie nach unserer handgeklopften Strohlehmschicht war. Im Gegenteil. Wir werden immer besser, und das sieht man. Und das Design mit fließenden Kanten und Schnörkeln ergibt sich völlig von selbst. Und wenn Paulina dann sagt: „Kommt zum Schluss, jetzt ist die nächste Technik dran!“, sagt man: „Was, schon?!? Wo es doch gerade so nen Spaß macht.“
Die Schichten bisher waren: 1) Auf die unverputzte, nur zum Teil mit Schlicker beworfene Strohballenwand kam die Mischung aus ins Wasser gegossenen Lehmboden-Klumpen aus dem Garten mit Stroh (lang). Gut zum Modellieren beliebiger Formen inklusive lustiger Dächlein für die Baumstamm-Stücke des Fundaments oder auch ungefähr gerader Wände. 2) Mittelgesiebter Lehm in 5 cm Wasser gegossen. Ein halber Eimer Sand dazu. Wenn es eine joghurtartige Pampe ist, gehäckseltes Stroh reinkneten, so viel wie möglich. Wird glatter, ist aber noch zum Modellieren geeignet. Mit großen Holzkellen aufbringen und möglichst plane Flächen herstellen. (In alle Täler reichlich Putz geben und mit der Kellenkante verteilen, bis keine Täler und „hohlen Stellen“ mehr zu sehen sind.) 3) Mit derselben Mischung „Bevels“, also dekorative Kanten und Ornamente herstellen, mit kleinen Holzkellen oder – ideales Werkzeug – einem Esslöffel. Gern auch da, wo sowieso schon Kanten sind oder um beliebigen Kurven eine geplant aussehendere Gestalt zu geben. 4) 1/2 Eimer Wasser, 1 Eimer fein gesiebter Lehm, 2 Eimer Sand, 3/4 Eimer fein gesiebtes Häckselstroh, per Hand verknetet. Aufgetragen mit japanischen Master-Plasterer-Kellen, die viel mehr Spaß machen, sobald man den Dreh raus hat. Hiervon wird nachher überall, wo keine bunten oder Kalkputzschichten landen, eine zweite Schicht aufgetragen. Diese Sorte modelliert nicht mehr, ist sozusagen die Glasur der Torte. Heute haben wir dann erst Kalkputz angesetzt (1 Teil Kalkpampe, 2 Teile Lehm, von Hand NOCH feiner gesiebt, weil immer noch Steinchen drin waren, 9 Teile Sand, 1 Teil Wasser. Kalk braucht in Gegensatz zu Lehm auf jeden Fall immer die dreifache Menge Sand zur Verwendung als Putz. Lehm je nach Lehmsorte unterschiedlich viel, hier aber auch die dreifache Menge. Deshalb 9 Teile Sand. Wäre es nur die doppelte Menge gewesen, hätte man gerechnet: 1 Teil Kalk + 3 Teile Sand, 2 Teile Lehm + 4 Teile Sand, also insgesamt 7 Teile Sand. Und weil es immer von der Qualität des jeweils verwendeten Lehms abhängt, ist es auch völlig sinnlos, „Rezepte“ für den idealen Lehmputz liefern zu wollen. Das Tolle an diesem Kurs ist, dass wir ein Gefühl dafür kriegen, wie die Sachen sich anfühlen müssen, und was man tun kann, um die richtige Konsistenz zu bekommen. Dann haben wir Mischungen aus dem feinst gesiebten Lehm in ebenso viel Wasser mit dreifacher Menge Sand und Farbpigmenten angesetzt. Der Plan: Sie kommen an verschiedenen Stellen auf die Wand unter den Kalkputz. Danach wird der Kalkputz zu Mustern geschnitzt, die bis auf die farbige Schicht reichen.
Dann gab es Essen, und wir waren nur so mittel motiviert, weiterzumachen. Aber als wir erst mal dran waren, gab’s kein Halten mehr. Leuchtendes Rot und sonniges Indischgelb und zwei undefinierbare Erdtöne, die angeblich gelb und orange hätten sein sollen, haben wir auf die Wände gespachtelt, als hätten wir das schon immer gemacht. In Flächen, verlaufend, gemischt und geschichtet. Die Wand sah sehr hippiemäßig bunt aus.
David fing schon mal mit der zweiten Schicht Feinstroh-Lehm an auf den Ornamenten und zwischen den Farben, und gegen vier kam Paulina und sagte, wir müsste nun dringend auf den Kalkputz umsteigen (der ist viel wetterbeständiger als reiner Lehm und außerdem schön hell. Schutzbrille, Handschuhe und olle Klamotten tragen beim Ansetzen!). Nass hatte unser Kalkputz die Farbe und Konsistenz von Leberwurst und war im Vergleich zum Strohlehm verblüffend leicht auf der Wand zu verteilen. Wenn ich nur wieder nicht dieses unregelmäßige Fenster gehabt hätte! Ich musste quasi immer über Kopf gebogene Leberwurstbrote schmieren. Jedenfalls spachtelten wir alle unsere bunten Farben über, und jetzt sieht die Wand wieder so seriös aus wie nur was. Ich bin gespannt, ob wir morgen alle unsere bunten Unterputze wieder finden oder an den falschen Stellen schnitzen.
Die anderen sind gegen sieben gegangen. Ich hatte kaltes Abendessen, weil ein Spaßvogel von der Geburtstagsparty das einzige funktionierende Feuerzeug für den Gasherd mitgenommen hatte, und habe bis zehn weiter über Kopf Leberwurstbrote geschmiert, bis das kleine Fenster samt seiner Umgebung auch auf der Innenseite des Häuschens ganz schön aussah.
Gleich nach den zwei Ruhetagen (die ich ja dummerweise zu Arbeitstagen gemacht habe) haben vier von uns weitergemacht, jetzt mit dem Lehmputz-Kurs. Dass Matilde es doch noch möglich machen und sich in ihrer Bio-Gemüsegärtnerei dafür freinehmen konnte, hat mich besonders gefreut. So ein zauberhaftes Wesen.
Theory of Clay Clay wird im Deutschen mal mit Lehm, mal mit Ton wiedergegeben. In diesem Zusammenhang meint Paulina Tonpartikel.
Lehmboden kann sich zusammensetzen aus – Tonpartikeln (kleiner als 2 Mikrometer, plättchenförmige Partikel, die sich beim Trocknen halbmondförmig zusammenziehen und dadurch enorme Stabilität / Klebkraft erzeugen können, – Schluffpartikeln (ab 2 Mikrometer und rund, weshalb sie beim Trocknen nicht diese Art Stabilität herstellen) – Sandpartikeln (über 63 Mikrometer) Ton setzt sich, wenn man alles mit Wasser anrührt, als letztes, also oben ab. Wenn man also Ton zum Töpfern braucht: Lehmboden mit Wasser aufrühren und langsam über Tage/Wochen ablagern lassen. Ganz unten und ziemlich schnell setzt sich der Kies ab, danach der Sand, dann der Schluff. Die oberste Schicht sollte ziemlich reiner Ton sein.
Lehmpartikel kleben aufgrund ihrer Form gut zusammen. Beim Trocknen schrumpft das Ganze erheblich, was zu Rissen im Putz führen würde, wenn man nicht mit Sand oder anderen Füllmaterialien das Schrumpfen verhindert. Wenn so viel Sand drin ist, dass quasi schon Sandkorn an Sandkorn liegt, führt das Zusammenziehen der dazwischengeklemmten Tonpartikel nicht zum Schrumpfen, sondern zu erstklassiger Stabilität. Guter Putz enthält genug Ton, dass er klebt, und genug Sand, dass er sich nicht ausdehnt oder zusammenzieht. Statt Sand gehen auch Stroh, Holzspäne, Marmorstaub und Ähnliches. Durch Probe-Pfannkuchen findet man die richtige Mischung für die jeweilige Gelegenheit raus: eine tellergroße Platte des Materials 1,5 – 2,5 cm dick ausrollen, trocknen lassen und gucken, ob sie reißt. Wenn nicht, auf der Wand noch mal probieren. Probe-Patty 1: reiner Lehm wie aus dem Garten gegraben oder vom Baustoffhandel geliefert. Probe-Patty 2: 1 Teil Lehm, 1 Teil Sand mit etwas Wasser gut vermischen und ausrollen. – 1 Teil Lehm, 2 Teile Sand – 1 Teil Lehm, 3 Teile Sand – bei sehr tonigem Boden evtl. 1 Teil Lehm, 4 Teile Sand und mehr – 1 Teil Lehm, 1 Teil Sand, 1 Teil Stroh – 1 Teil Lehm, 2 Teile Sand, 1 Teil Stroh
Lehmputzkurs Tag 1: Paulina kündigt an, wir würden heute nur graben und Erde sieben. Die Schufterei geht also nahtlos weiter. Mein Rücken protestiert. Zum ersten Mal in diesem Kurs. Zum Glück kann man auf verschiedenste Weise trotzdem Lehm sieben, auch auf dem Boden sitzend, dass Sieb auf dem Eimer abgestützt.
In diesem Kurs dürfen wir all das anwenden, was uns mit drei Jahren schon Spaß gemacht hat. Auf der Erde hocken und im Sonnenschein mit Sieb und Eimer spielen. In Matsch wühlen und barfuß drin rum treten. Im Namen der Wissenschaft, den wir müssen ja Probefladen der verschiedenen Mischungen zum Vergleichen anfertigen. Und um ein Gefühl für das Material zu kriegen. Eine tellergroße Platte der reinen Erde, wie sie The Crossings unterhalb der Humusschicht aufzuweisen hat. Sehr lehmig und glitschig. Beschriften mit Stöckchen, damit man nachher weiß, was was ist. Dann Lehmboden und Bausand zu gleichen Teilen gemischt (beschriften 1:1, Lehm steht vorn) dann Lehm mit zwei Teilen Sand, dann mit dreien. Am Anfang denkt man immer, das würde jetzt überhaupt nicht halten, Dann stellt sich raus, dass es als Putz viel besser zu verarbeiten ist als der reine Lehm. Und außerdem hinterher nicht reißen wird, weil, wenn in dem Mix sowieso schon Sandkorn am Sandkorn stößt, das Zusammenziehen des trockenenden Lehms nicht zum Schrumpfen führt, sondern zu sehr großer Stabilität. Und dann noch ein, zwei Probefladen mit reingeknetetem Stroh.
Nachdem wir 14 Säcke feinster Lehmkrümel und ungefähr acht mit mittelfeinen haben, graben wir NOCH mehr Lehm aus und schütten ihn ungesiebt in Bottiche, in denen schon etwa 5 cm Zentimeter hoch Wasser steht, das wir hierzu aus dem Teich holen. Nach einer Stunde sind die Klumpen zu Schlick zerfallen, den wir durchkneten um danach in einer Art umgekehrten Wäschewaschens das Stroh drin dreckig zu machen.
Alles Stroh, das total eingelehmt ist, wird auf einer Plastikfolie aufgehäuft und später mit Schmackes auf die Wand gepfeffert und in alle Löcher und Ritzen gestopft. Und mit den Händen verschmiert. Matildes Wand sieht von vornherein wie eine wunderschöne Lehmwand aus. Bei Dave und Nina und mir ist alles noch ziemlich struppig. Aber wir lernen voneinander, und es macht Spaß.
Zum Üben haben wir die gartenseitige noch unverputzte Wand eines Strohballenhäuschens. Damit wir gerade Wände haben, um anständig verputzen zu lernen und weil unser wunderschöner Dome sowieso wieder abgerissen wird, damit er nicht irgendwann ins zukünftige Schwimmbecken rutscht. Aber Dave geht ausprobieren, ob Strohlehm auf Plastik hält, und kommt begeistert zurück: „It sticks!!!“ Woraufhin ich abends, als die anderen weg sind, den Eingang der Kuppel verputze inklusive der Innenseite. Lehmputz klebt auf Plastik sogar über Kopf! Es macht unfassbar Spaß und fühlt sich an wie Nach-Hause-Kommen, das zu machen. Ich sehe meine Zukunft als Lehmverputzerin schon vor mir.
Tag zwei. Wir beenden unsere Schuppenrückwand und sind hingerissen und stolz auf uns. Paulina kommt und sagt: „Now this is a bumpy wall. Next, you’ll learn to make a straight wall.“
Dafür mixen wir die zweite Schicht Putz an: mittelfein gesiebte Erde wird in 5 cm stehendes Wasser gegossen, bis sie fast die Oberfläche erreicht. Diesmal mit einem halben Eimer Sand vermischt. Nachdem das Ganze durchgezogen ist, wird es zu sehr weichem Schlicker verknetet, per Hand oder Fuß, und mit geschnittenem / gehäckseltem / mit dem Rasenmäher überfahrenem Stroh verknetet, bis die ganze Wanne eine weiche, faserige, gut knetbare Masse ist. Das Stroh wird schön lappig dabei. Der Tag ist kalt und regnerisch und eigentlich kein Barfußwetter. Aber es ist ja viel rückenfreundlicher, da einfach drin rumzulaufen, als davorzuhocken und hundert Liter Matsch per Hand zu kneten. Dreckig von oben bis unten wird man sowieso. Dann müssen wir unsere schöne, organisch gewellte und hügelige „bumpy wall“ mit der neuen Mischung und hölzernen Putzkellen („Trowels“) und „Hawks“ (Brett mit Griff zum Putz-drauf-Aufhäufen, das wir alle nach kurzer Zeit zur Seite gelegt haben, weil es schwer und unhandlich und keine große Hilfe war) zu einer glatten, senkrechten Rigips-Imitation zurechtputzen. Das ist natürlich aussichtslos, macht die Wand hässlicher und macht überhaupt keinen Spaß. Meine Zukunft als Lehmverputzerin ist abgeblasen. Aber Paulina bleibt eisern. Wir sollen lernen. Natürlich dürften wir unsere eigenen Häuser nachher krumm lassen, und ja, sie finde das auch schöner, aber manchmal wolle man ja auch einen Schrank oder ein Bild an der Wand aufhängen können. Oder habe Auftraggeber, die nicht wollten, dass man sieht, dass es ein Strohballenhaus ist. Also los. Lange gerade strokes, nicht viele kleine! Dave kriegt das am schnellsten raus, wie es geht. Matilde geht es wie mir, sie mag auch keine geraden Linien. Sogar ihre Gummistiefel sind oben zu anmutigen Zacken geschnitten. Aber sie kann arbeiten und beißt sich durch. Am Nachmittag kommt Paulina und zeigt uns, wie man dekorative Kanten und Spiralen mit nagelbürstengroßen Holzkellen da reinmodelliert. Und wir bauen überm Fenster zwei tschechische Bierflaschen mit besonders schöner grüngoldener Glasfarbe in die Wand ein.
Ich bin, als wir aufhören, so müde, dass ich es fast nicht schaffe, bis sieben wachzubleiben, um meine Bratkartoffeln zu machen, bevor die Tochter der Farmbesitzer mit ihren Freundinnen die Outdoorküche belegt, um ihren vierzehnten Geburtstag mit großer Camping-Party zu feiern. Was mich dann in der Nacht wachhält, ist aber nicht die Party, von der ich hauptsächlich das Trommeln am Schubkarren-Lagerfeuer höre, sondern der Sturm, der mir das Zelt um die Ohren schlägt.
ihr müsst jetzt nicht denken, dass ich bis zum Ende des Kurses zu wenig zum Säckefüllen kam. In den letzten Tagen hab ich richtig viel gebaut.
Zum Teil mit heftig schlotternden Knien, weil es durch reichlich strömenden Regen oft wahnsinnig glitschig da oben war. Und es gibt ja kein Geländer. Nur Stroh auf dem Boden für den Fall des Falls. Die Strohballen waren eigentlich als Kletterhilfe gedacht gewesen, aber nach zwei, drei Tagen Draufklettern zerlegen sie sich zu Bodenpolsterung ohne Stufeneffekt.
Und dann steht man da oben, zerrt am Erdsack, sagt der Einfüll-Hilfe „Jetzt!“ und „Stopp!“ und ist hochkonzentriert und ängstlich und begeistert, dass es geht und schrecklich angespannt. So sehr, dass ich, endlich wieder unten war, zittrig war und kurz vorm Heulen. Terry guckte oben vom Haus runter. „You need a hug?“ „Yes, please!“ Er schwang sich über die treppenförmigen Befestigungsmauern nach unten und zerdrückte mich beinahe. (Selbstverständlich haben wir dabei 1,50 m Abstand gehalten, ist doch klar.) Ich heulte natürlich wieder wie ein Kind. Aber ist das nicht irgendwie das GANZE Leben? Heldentaten UND Heulen? Nur weil ich hier schufte wie Herkules, muss ich doch nicht diesen Indianerherz-kennt-kein’-Schmerz-Quatsch auch gleich mitmachen!
So ganz allmählich kriegten wir das Gefühl, dass wir diese Kuppel eventuell, wenn wir richtig ranklotzen, DOCH noch fertig kriegen könnten. Und tatsächlich. Obwohl man für die obersten Runden eine Eimerkette mit Leiter brauchte und oben nur noch jeweils ein Paar zur Zeit arbeiten konnte, waren die Runden ja auch kürzer, die Schläuche dünner und unsere Technik besser.
Kurz: am letzten Kurstag im strömenden Regen gegen 6:00 Uhr Abends füllten Dave und ich den Schlusssack und klopften ihn fest, mit netter kleiner Spitze, von der der Regen abperlen kann.
Dann nahm Terry den großen Tamper und rammte wie ein römisches Heer beim Stürmen der belagerten Stadt die Beine unter der Form des Gewölbes weg. Sie sackte, genau wie sie sollte, auf die Mauervorsprünge darunter, und wir zogen sie raus. Und das Gewölbe stand!
Und der Regen hörte auf. Wir alle jubelten und waren ganz fassungslos. Ein kleines Häufchen aus totalen Bauneulingen hatte in sieben Tagen eine Rundkuppel mit Gewölbebogen als Eingang, Belüftungssystem und Fenster gebaut! Und wir alle wissen jetzt, dass jeder und jede von uns das kann. Jeden einzelnen Schritt dafür. Wir alle haben mit Säge und Beil und Tamper und Klopfer gearbeitet, haben ungeahnte Hilfsmittel kennengelernt wie die „spirit level“ und den Fadenzirkel in der Kuppelmitte (zum Messen, ob jede Runde rund ist oder Klobrille) und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gewonnen.
Louie und Caz haben die Fertigstellung unseres Werks gar nicht mehr mitbekommen, weil sie schon am Vorabend abreisen mussten. Ich glaube, sie haben auch nicht wirklich daran geglaubt, dass wir fertig werden würden, und wollten sich den Frust ersparen. Nun haben sie eine Menge Fotos und Filme bekommen – wenn das mal nicht noch viel frustrierender war!
Abends haben Nina und Dave Terry und mich, die beiden Zeltbewohner, in ihre reizende Ferienwohnung eingeladen, zum Heiß-Duschen, Wäschewaschen, Aufladen aller elektronischen Geräte, Fotosbegucken und gemeinsamen Essen. Es war herrlich. Das war ja so ziemlich das einzige Mal, dass ich das Farmgrundstück verlassen habe. So brav war ich denn doch.
Und um meinen Status als Farmhelferin zu rechtfertigen, habe ich zwischen den Kursen die Outdoor-Küche geschrubbt (es war nötig! Aber total sinnlos, weil die Katzen sofort mit lehmigen Pfoten wieder über alles gelaufen sind und die Tochter von Emma und Stuart ihren 14. Geburtstag mit gleich zwei Gartenpartys mit selbstkochenden Jugendlichen beging), ungefähr eine Million Disteln aus dem Gemüsegarten gegraben und mich durch Paulinas in der Gartenjurte gelagerte wunderbare Bibliothek von Natural-Building-Büchern geschmökert. Von Anleitungen zum Bau des perfekten geruchlosen wartungsarmen Kompostklos bis zu „The Hand-Sculpted House“ von Evans/Smith/Smiley, das ich unbedingt zum Geburtstag haben muss. Allen, die sich schon mal gefragt haben, warum wir eigentlich unhinterfragt alle in schachtelförmigen Behausungen leben statt in handgematschten Hobbit-Wohnungen, sei dieses Werk glühend empfohlen. Vorsicht, es besteht die Gefahr eines folgenreichen Paradigmenumsturzes, gefolgt von der Suche nach einem sonnigen Hanggrundstück mit lehmigem Boden zum Bauen. Weiß jemand, wo ich so eins herkriege?
Viele liebe Grüße Julia
Fotos aller Earthbag-Beiträge: J. Hagemann und T. Beckett
Nachdem wir nun drei Runden hoch gemauert haben (oder „gesackt“? „gebeutelt“?), kommen die in den Pausen hergestellten Holzpflöcke zum Einsatz (ich vergaß zu erwähnen: wer nicht mehr kann und völlig fertig ist vom Erde-Hacken, kann eine „Pause“ machen, in der er oder sie dann 4 cm starke Haselstämmchen zu unterarmlangen Pflöcken („pegs“) zersägt und mit dem Beil unten anspitzt. Davon wird man Unmengen brauchen, wie man am Berg der Haselstämmchen sieht). Die Pflöcke werden dann durch alle drei Sackschichten durchgehämmert, wobei einige Hämmer zu Bruch gehen. Merke: Stämmchen mit Astgabeln oder rechten Winkeln eignen sich nicht besonders als Nägel.
Und natürlich muss man in jeder Runde mit der schwimmenden Wasserwaage (dem Ding am gespannten Faden, das hier wahlweise „floating water level“ oder „spirit level“ heißt) nachmessen, ob alle Stellen der Wand gleich hoch sind. Weil, wenn Louie an der einen Seite des Hauses gefüllt hat und Nina an der anderen, dann kann es sein, dass man sie in der nächsten Runde die Plätze tauschen lassen sollte. Laut Lehrbuch sollte immer eine Person eine ganze Runde legen – aber wir wollen ja innerhalb einer Woche fertig werden und können uns solchen Luxus nicht erlauben. Außerdem wollen wir ja alle spielen, und zwar sofort. Ach ja, und mit dem „compass“, dem Bindfaden am Pflock in der Hausmitte, muss man in jeder Runde (wirklich in jeder) gucken, ob der Durchmesser des Kreises noch genau stimmt (wie beim Töpfern auf der Drehscheibe haben Dinge aus Erde ja das unwiderstehliche Bestreben, die Form einer Müslischale anzunehmen, ganz gleich, ob man einen Teller oder eine Blumenvase geplant hatte) und ob alle Säcke (ja, alle!) erstens gleich weit von der Mitte weg liegen und zweitens genau über dem drunter. Und, wenn das zwei verschiedene Dinge sind, einen Kompromiss zwischen den beiden Erfordernissen finden. Nach der dritten Runde kommt eine Feuchtigkeitssperre aus dicker Plastikfolie, die vom Boden hoch über die Sackoberfläche (mit kleinem Überstand) reicht. Idealerweise füllt man die unteren Reihen auch mit Kies, um die aufsteigende Feuchtigkeit zu entmutigen. Die Feuchtigkeitssperre braucht an allen Anstückelstellen großzügige Überlappung, wird in anmutigen Falten rundherum gelegt und mit Nägeln fixiert.
Dann geht das Elend los, und man steigt von den schön stabilen Futtersäcken auf Endlosschläuche um. Was theoretisch schneller geht, weil man nicht so oft an beiden Enden schräg einfalten muss. Bloß sind leider die falschen Schläuche geliefert worden, aus dünnem, schnell reißendem und aufribbeldem Gewebe mit einer diagonal umlaufenden Naht, die sich zerlegt, wenn man sie nur schief anguckt. Und wir müssen sie nicht nur schief angucken, sondern mit zunehmend schwerer und klebriger werdenden Erdklumpen (ja, denn das Wetter hat natürlich gewechselt, jetzt ist es kühl und regnerisch, und mangelnde Feuchtigkeit des Materials ist nicht mehr das vorherrschende Problem) füllen, eher vollstopfen und dann in eine Drehung zerren und rütteln und klopfen, damit die Kurve der kreisrunden Wand folgt. Klar, dass das nur bei jedem zweiten Schlauch klappen kann, höchstens, der Rest platzt irgendwann auf und muss bis 50 cm vor dem Loch wieder geleert werden, abgeschnitten und dort umgefaltet. Am Ende des Schlauchs wird die Erde wieder mit dem Batter plattgeklopft, als wolle man einen Ziegelstein fälschen, und dann halten zwei Leute die Erde an Ort und Stelle, während die dritte blitzschnell einen strammen Briefumschlag faltet und den Materialrest so weit es geht unter die Erdwurst stopft. Wenn dabei die Ziegelsteinform verlorengeht, fängt man wieder von vorn an.
4.Tag
David bringt heute starkes Klebeband mit, dann können wir hoffentlich einige aufplatzende Nähte noch retten.
Gestern haben wir die gotische Holzform fürs Türgewölbe in den Eingangstunnel gesetzt (der Tunnel wird gebraucht, weil der an der Stelle sonst offene Mauerkreis durch eine „buttress“ am Nach-außen-Wegbrechen gehindert werden muss – und außerdem siehts toll aus und gibt uns die Gelegenheit, einen Rundbogen mauern zu lernen). Das hat ewig gedauert, weil wir einen Weg finden mussten, sie so auf drei Beinen auszutarieren, dass sie nicht umfällt, wenn man erstens drumrum arbeitet und sie zweitens mit mandarinenstückchenförmigen nassen Erdsäcken belegt, andererseits aber leicht herauszuholen ist, indem man die Beine drunter wegschlägt, woraufhin sich dann zeigen wird, ob sich das Gewölbe von selbst trägt.
Demokratie kann bei so einer Aktion sehr hinderlich sein, weil man so lange über völlig untaugliche Ideen diskutieren muss. Z.B. das einzeln stehende hintere Bein mit zwei gespannten Schnüren an zwei Pflöcken zu „befestigen“. Da die Schnüre stramm in dieselbe Richtung zogen, brachte das natürlich das ganze Konstrukt gefährlich aus dem Gleichgewicht. Demokratie ist aber insofern auch wieder gut, als einem dann eben nicht befohlen wird, es trotzdem so zu machen, sondern man selbst Gegenvorschläge machen kann, und so hatten wir dann irgendwann die Form halbwegs stabil eingebaut und konnten mit innen-platt-außen-breit-gehauenen Erdsäcken drumrummauern. Ich war richtig wild auf mehr harte Arbeit nach dem ganzen Pusseln, Denken und Form-Festhalten, und enttäuscht, als schon einen Sandsack später das Ende des Arbeitstages eingeläutet wurde.
In den Nächten hat es zum Teil unheimlich geregnet – ein Wunder, dass mein Zelt dicht blieb! – so dass die lehmige Erde extrem schwer und klebrig und eigentlich zu nass für die Erdsäcke war. Sie lässt sich dann nicht nur genau so schlecht verdichten wie zu trockene, wir gewöhnten uns außerdem alle eine sehr ungünstige Technik an, weil die Erde im Schlauch eben nicht dahin rutschte, wohin sie sollte, und so stopften und drückten wir alle an den Säcken rum, leerten die geplatzten, konnten dank Daves Klebeband zumindest ein paar davon noch verpflastern und retten, bevor sie ganz rissen, und kamen auf so untaugliche Ideen, wie ein Stück frischen Schlauch über den gerissenen zu wursteln oder gleich die ganze Länge des Schlauchs doppelt zu nehmen. Ersteres führt zu heillos ausfransenden Schlauchenden, in denen man sich in der nächsten Runde ständig mit den Füßen verheddert (weil man ja oben auf der Mauer steht) und die nachher beim Verputzen Ärger machen, zweiteres lässt sich so gut wie gar nicht verarbeiten, weil die Schläuche immer irgendwie falsch ineinander stecken und sich ineinander verkeilen. Außerdem ist die Runde mit den doppelten Schläuchen viel schmaler ale alle davor, es gibt jetzt einen richtigen Absatz in der Wand. Und die Schläuche rissen trotzdem auf.
Paulina und Lizzie sahen sich den Kampf an, bis wir ungefähr auf Augenhöhe gemauert hatten. Dann sagten sie: „Ihr macht euch das viel zu schwer. Es sollte leicht und schnell gehen und nicht viel Kraft kosten. So ein Schlauch sollte in einer Viertelstunde gefüllt sein. Vielleicht zeigen wir es noch mal.“ Jede der beiden bekam eine Erd-Einfüllerin zugeteilt und stieg auf ihre jeweilige Seite des Gewölbes. Ich hinter Lizzie her mit dem ersten Eimer.
Und dann legten sie flott und gelassen mit elegantem Ruckeln am Schlauch eine Runde Earthbags. Der Trick: Man steht mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, Blick Richtung Hausmitte. Der zum Sack zeigende Fuß wird als Rampe und Weiche unter diesen geschoben, so dass man beim Einfüllen durch kleine Bewegungen mit Knie, Fuß und Zehen bestimmen kann, wohin die Erde rutscht. Dabei zieht man an der Außenseite des Schlauchs Richtung Hausmitte, um ihn in eine gleichmäßige Drehung zu bringen, die dann die Kurve der kuppelförmigen Wand ergibt.
Man muss zu unserer Ehrenrettung dazusagen, dass an dem Tag die Erde genau richtig mittelfeucht war und sich erstklassig verarbeiten ließ. So waren sie nach kurzer Zeit gegenüber der Tür am halbfertigen Fenster angekommen, das durch Platzhalter-Sandsäcke mit Öffnung zur Außenwand, provisorisch mit Schnur verschlossen, offengehalten wurde.
Dann wurden wir eingeteilt, so dass jedeR noch mal eine Runde mit der neuen Technik machen konnte – reichlich hoch oben inzwischen.
Ich war aber heilfroh, weil ich davor stundenlang zum Eimer-Befüllen (der Job mit Spitzhacke, Spaten und bloßen Händen gegen steinharte Lehmsäcke, ihr erinnert euch….) eingeteilt war, was frustrierend sein kann, wenn die anderen daneben munter Spitzbögen mauern und oben auf der Wand den Tamper schwingen. Besonders erbittert hat mich, dass Terry, der mit mir zur Sklavenarbeit eingeteilt war, das eine Stunde gemacht hat und dann fröhlich abzwitscherte, um am Türbogen mitzumauern. Während ich (der „German Code“ * ist in die Gene fest einprogrammiert) vor mich hingrummelnd weitergrub und Erde in löchrigen, henkellosen Eimern zu den Bauenden schleppte. Allerdings hatte Terry als Herkules des Kurses unglaublich gute Vorarbeit geleistet und einen Berg Erde gelockert, den ich nur noch auszugraben und einzufüllen brauchte.
Die beiden hinten in der Mitte, die so nah beieinander arbeiten, sind Vater und Tochter, übrigens.
Ich habe dann nachdrücklich darum gebeten, dass wir noch mal die Jobs tauschen, und kurze Zeit stand ich oben und zerrte am Erdsack rum und wackelte mit dem Knie. Aber wie am Vortag wurde das Ende des Arbeitstages eingeläutet, als ich gerade dachte: „So könnt’s noch zwei Stunden weitergehen.“ Und wegen der häufigen Schauer mussten wir über Nacht immer alles mit Planen abdecken, so dass ich nicht gut allein weitermachen konnte.
Pöh! Ab ins Zelt zum Gitarrespielen. Und zur Lektüre so herrlicher Bücher wie „The Hand-sculpted House“ aus Paulinas Kursbibliothek.
Demnächst könnt ihr nachlesen, ob die Arbeitsverteilung wieder besser wird 🙂
Liebe Grüße Julia
Hier sieht man Stuart das Farm-Schwein Bugsy wässern. Bugsy hat immer alle Reste unserer Mahlzeiten mit Begeisterung vertilgt und sein rohes Gemüse dafür liegen lassen.
* Wem das mit dem „German Code“ nichts sagt, der besorge sich die Känguru-Hörbücher von Marc-Uwe Kling, gelesen vom Autor. Einer der wenigen Fälle, wo 1. “gelesen vom Autor“ besser ist als selber Lesen und 2. der zweite und dritte Band keine Spur schlechter sind als der erste. Sie lohnen sich alle.
Hier gibts keinen Strom. Wenn das Telefon auch nur annähernd diese zwei Wochen durchhalten soll: mit Bloggen aufhören. Taschenlampe aus. All so was. Keine Mails. Wasser gibts auch nur im Teich und in Kanistern. Ab und zu kann man mit Generator und Pumpe die blauen Tonnen für Dusch- und Geschirrspülwasser aus dem Kanal füllen. Das ist zwar abgekocht trinkbar, aber sehr braun und riecht durchdringend nach Eisen. Das ist zweifellos ein Trinkkurort hier. Das Hygienekonzept der Farm ist ausgeklügelt: Es gibt eine Eimerdusche (so warm, wie das Wasser durch die Sonne halt gerade geworden ist), eine Komposttoilette und für danach zwei Händewasch-Eimer: einen für die sehr dreckigen Hände und einen für die nicht so sehr dreckigen. Abends wird zuverlässig das Wasser gewechselt. Wenn jemand dran denkt. Dasselbe Konzept trifft auf die drei Geschirrspül-Eimer zu. Leider denkt jeder was Anderes darüber, welches der Eimer fürs sehr dreckige Geschirr sei.
Ich weiß nicht mal, wo ich mit Schreiben aufgehört hatte. Im Konjunktiv. … Und dann hätte ich vielleicht liebe Mails bekommen, die mich willkommen heißen, womöglich sogar von allen aus der Baugruppe. Und vielleicht hätte Emma von der Farm mir sogar bestätigt, dass ich da auf dem Hof aushelfen könnte, dann käme ich um die offizielle Quarantäne rum. Und dann wäre ich bestimmt so beglückt und guten Mutes gewesen, dass ich das Touristen-Verfolgungs-Formular ausgefüllt und mir die Bahnfahrkarten gebucht hätte. Und dann wäre ich vielleicht sogar heute Morgen um halb sieben losgefahren. Erst nach Brüssel, ganz normal, ganz easy: einsteigen, hinfahren. Dann in Brüssel in einen abgesperrten Hochsicherheitsbereich des Bahnhofs mit Durchleuchtetwerden, Gepäckröntgen und mehrfachen Kontrollen von Ausweis und Touristenverfolgungsformular. Mit Ausfragen. „Wohnen Sie in UK? Nein? Was wollen sie dann da? Auf einer Öko-Farm mithelfen? Warum gerade jetzt? Sie werden zugeben, dass das ein merkwürdiger Zeitpunkt ist…?“ Und dann hätte ich bestimmt vor Schrecken gestottert: „Ich…, ääh…, bin halt Sängerin und habe doch im Moment sonst nichts, was ich tun kann.“, Woraufhin er gesagt haben könnte: „Das klingt logisch.“Und vielleicht hätte er mich dann nicht in den Zug zurückgesetzt, sondern durchgewinkt. (Der einzige Vorteil von Gesichtsmasken ist, dass andere einem nicht an der Visage ablesen können, wann man Unsinn erzählt.) Und die nächste Kontrollstelle, an die ich mit zittrigen Knien gewankt wäre, hätte dann wirklich nur ein drittes Mal den Ausweis sehen wollen und das Gesicht, sonst nichts. Und nach dem Tunnel wäre man bestimmt von Scharen von schwarz gekleideten Sicherheitspersonal empfangen worden, das einen weitergewinkt hätte, mit strengem Blick. Und bestimmt hätte ich mich zwar unwohl und unwillkommen gefühlt, wäre aber trotzdem weitergegangen, wo ich schon mal da war. Dann hätte ich mir eine überteuerte Fahrkarte gekauft und hätte mal wieder versucht, mit der DKB-Karte Geld zu ziehen. Und wie in Frankreich hätte das wieder nicht geklappt. Und dann wäre ich mit nur einmal Umsteigen Richtung Meer gefahren.
Und in der besten aller Welten hätte dann am Bahnhof, von dem aus es noch 2 Stunden Stunden Fußmarsch waren, jemand gesagt: „Julia? I’ve come to fetch you. I’m Terry from the course.“, und hätte mich, als ich auf der Beifahrerseite einsteigen will, grinsend ums Auto geschickt. „Wrong side. We’re in England.“ Und dann wäre ich auf einem verwilderten Gemüsegartengrundstück mit Jurte und Outdoor-Küche drauf freundlich von einer im Sand grabenden Gruppe empfangen worden, deren Mitglieder schon so fertig waren vom Schuften in der Sonne, dass sie nicht meiner Lage gewesen wären, mir auch nur ihre Namen zu sagen. Ich hätte nur noch beim Aufräumen helfen können. Und wahrscheinlich wäre ich am zweiten Tag dann selbst schon zu müde gewesen, und überhaupt noch irgendetwas aufschreiben zu können, vom Wasserholen aus dem Teich, Erdeschleppen, mit der Spitzhacke das steinhart verdichtete kaputte Rundhaus Zerlegen, Lehmschaufeln und Säckefüllen, -zufalten und Mit-dem-15-Kilo Stampfer-Verdichten.
Zum Glück ist ja nun die Abstands- und Touristenquarantäneregel abgemildert, was euch erspart, eine komplette Bauanleitung im Konjunktiv lesen zu müssen.
Ob das Haus waagerecht stehen wird, misst man, indem man zwei Pflöcke einschlägt, sie mit orangefarbener Maurerschnur stramm verbindet, eine Mini-Wasserwaage an zwei Minihaken (die heißt „spirit level“, wenn das mal keine schöne Metapher ist…) daran hängt, und wenn sie waagerecht ist, an beiden Pflöcken die Entfernung der Schnur zum Boden misst. Ist eine Entfernung größer, muss da noch mehr Sand drauf. Und dann wieder plattstampfen. Ja, mit dem 15-kg-Ding. Oder mit dem 10-kg-Ding, für die Zartbesaiteten. Es ist nämlich zweckmäßig, dass das Haus sehr waagerecht steht, auch und gerade bei so ökologischen Dingen wie Lehmbauten.
Wer was über Earthbag-Bau wissen will, kann auch auf der Website des Erfinders der Methode http://www.cal-earth.org nachlesen und tolle Bilder sehen. Oder bei YouTube „Earthbag building“ oder „Superadobe“ eingeben, da kann man Leuten im Zeitraffer zugucken, wie sie in Windeseile Häuser damit bauen, das ist ziemlich lustig und oft eindrucksvoll. Gedacht war das ursprünglich für Katastrophengebiete, in denen in kürzester Zeit mit genau dem, was auf dem Grundstück vorhanden ist und allen verfügbaren ungelernten Arbeitskräften von Kleinkind bis Uroma stabile, flut-, erdbeben- und kugelsichere Behausungen gebaut werden sollten. Und da erwies sich, dass die Rundkuppel im Gegensatz zu den meisten anderen Bauformen sogar draufstürzende große Bäume verträgt und das Reinstopfen der Erde in Futtersäcke aus Polypropylengewebe (oder alte T-Shirts o.ä.) erlaubt, auch Erde ohne jeden Lehmgehalt, selbst Sand, zu sehr stabilen Wänden zu verdichten. Und verputzt sieht das Ganze sogar extrem gut aus. Vor allem, wenn man die Architektur des Auenlandes schön findet.
Wenn man die fertigen Earthbag-Häuser unverputzt stehen lässt, verrotten die PP-Säcke unter UV-Einfluss in Rekordzeit, so dass der Regen die unverpackte Erde durchnässen kann, und dann (und quasi nur dann) stürzt so ein Earthbag-Haus schon mal ein. Genau das ist neben der Baustelle mit dem Kurshaus von vor zwei oder drei Jahren passiert. Von daher ist unsere Aufgabe, die dort verbaute Erde freizulegen und in unserem Bau wiederzuverwenden. Als Ausgleich müssen wir kein swimmingpoolgroßes Erdloch graben, um ans Baumaterial zu kommen. Es erweist sich, dass die Erde auf der Farm ungeheuer lehmhaltig ist – so lehmhaltig, dass man sicher auch ohne Säcke ganz prächtig damit bauen könnte. Und die damals bauende Gruppe hat sie ganz außerordentlich zuverlässig gestampft und verdichtet. Und es sind über 30°C. Mit der Spitzhacke steinhart verdichteten Lehm kleinzubröseln und in Eimer und Schubkarren zu füllen, und immer wieder in halbzerfallenen PP-Säcken hängenzubleiben, das ist hier die größere Herausforderung als das Befüllen der Säcke. Wenn ihrs leicht haben wollt, lasst euch einen Laster Erde kommen für so ein Projekt. Keinen gartentauglichen Mutterboden, sondern die Sand-Lehm-Schluff-Schicht drunter, die beim Bauen meist massenweise übrigbleibt. Jedenfalls war das eingestürzte Haus trotz seines Eingestürztseins ein eindrucksvoller Beleg dafür, WIE hart plattgeklopfte Erde werden kann.
Das Ausgegrabene haben wir auf einen großen Haufen gekippt und erstmal gründlich gewässert, um es baufähig zu machen. Wenn man Klümpchen formen kann, die zerspringen, wenn sie auf den Boden fallen, ist es richtig. Tun sie das nicht, ist die Erde zu feucht. Kann man sie nicht formen, ist sie zu trocken und lässt sich später nicht verdichten. Notfalls später im Transporteimer ein bisschen zu feuchte Erde mit ein bisschen zu trockener mischen. Im Ernst. Wenn ihr so ein Haus baut, lasst euch nicht die falsche Konsistenz durchgehen. Das wäre eine MENGE Erde, die einem auf den Kopf fiele, wenn es nicht stabil genug wird. Man kriegt aber erstaunlich schnell ein Gefühl dafür, welches die ideale Feuchtigkeit ist.
Baubeginn. Auf die vorbereitete kreisrunde (mit Faden am Pflock gemessen) Drainage aus einem tiefen Graben voller Kies und dann Sand, gut verdichtet, wird der erste Kartoffelsack voller Erde gesetzt. Gefüllt wird er an Ort und Stelle, so dass keiner 50 kg Erde durch die Gegend schleppen muss, sondern immer nur einen Eimer zur Zeit. Bis auf Mati, eine 22-jährige Elfe aus dem Tessin mit Dreadlocks, kurzem Leinenkleid und großem braunem Augenaufschlag, die ohne mit der Wimper zu zucken, zwei volle Eimer durch die Gegend trägt, wo wir anderen sagen „Mach mal nur dreiviertelvoll, das reicht.“ “Kommt von der Gartenarbeit“, sagt sie entschuldigend.
Mit einem hölzernen „Batter“ oder „Whacker“, einer Art zigarrenkistenförmigem Klopfer mit Stiel, werden die Säcke an den Seiten plattgehauen, so dass sie wie Ziegelsteine aneinanderliegen. Die Öffnung des Sacks wird hochgehoben, der Inhalt dort besonders gut plattgeschlagen, und dann muss wie beim Geschenkeverpacken das überstehende Material ganz stramm eingefaltet und druntergestopft werden. Ist die Runde fertig, wird sie mit den mehrfach erwähnten schweren „Tampers“ (schwere Eisenplatte am dicken senkrechten Holzstiel, die man möglichst rückenfreundlich anhebt und mit Schwung auf die Sackoberfläche knallen lässt) plattgeklopft. Am Anfang macht das „mmurfff!“ beim Auftreffen, bei der dritten, vierten Runde etwa mach es „pöck!“, und fertig ist man, wenn es ungefähr wie „pingngngngng!“ klingt. Erst dann ist die Erde so verdichtet, dass der Bau solide wird. Auf die Weise legt man zwei bis drei Runden mit versetzten Fugen („staggered joints“) und lässt den Eingang möglichst ab Runde drei offen – wenn man es nicht zu spät bemerkt. (Ähem. Jetzt haben wir halt eine schön hohe Schwelle, auf der man später in der Morgensonne sitzen kann.)