Hallo ihr Lieben!
Der englische Alex in unserer WG ist schüchtern und freundlich, hatte ich geschrieben – ich wünschte, ich könnte das auch über Carlito sagen, den Fürsten der Savanne in Form eines übergroß geratenen schwarzen Katers. Carlone, Carlotto oder Carlo Magno wären passendere Namen. Oder Kater Karlo.
Gleich am ersten Abend schmiss er sich an mich ran und erzwang sich Streicheleinheiten (die ich ihm da noch sehr gern gegeben habe) und biss mich dann ohne Vorwarnung in die Hand. Nicht fest, nur so „Bild dir bloß nichts ein, hier entscheide ich. Alles.“ Was man auch daran merkte, dass er, als ich das nächste Mal nach Hause kam, meine vermeintlich gut geschlossene Zimmertür aufgekriegt hatte und auf dem Bett lag.
Nachts hatte er bisher Abstand gehalten, weil wegen der großen Hitze alle mit offenen Fenstern und Türen schlafen, damit es wenigstens etwas Durchzug gibt. Und da konnte er zu Laura rein. Bloß heute Nacht hatte sie ihn ausgesperrt. Pech für mich. Da nützte es auch nichts, dass dank des Eukalyptusöls die Mücken mich schlafen ließen. Ein Fünf-Kilo-Kater, der neben einem aufs Bett springt und wieder runter und wieder rauf, stört fast noch mehr.
Freitag Morgen bin ich seinetwegen fast zu spät gekommen. Er soll nämlich nicht aus der Wohnungstür, hat nur eine Katzenklappe im Bad, die wohl auf den Dachboden und von dort aufs Dach führt. Nun hatte er sich aber schwerst in den Kopf gesetzt, an mir vorbei zu entwischen, und so tänzelten wir ein paar Minuten im Flur herum, Tür auf, schnell wieder zu, Kater wegschubsen, – werfen, -schieben, bis ich irgendwann draußen war und er drinnen.
Er hat sich dann gerächt. Auch dafür, dass ich ihm, wenn sein Napf leer ist, zwar Wasser gebe, aber kein Trockenfutter, obwohl er mir nonverbal mitteilt, dass er seit TAGEN nichts mehr zu essen bekommen habe.
Seine Rache bestand zunächst in sehr kleinen feuchten Stellen auf meinem Regenmantel, im Schrankregal und auf der Bettdecke, von denen ich mich fragte, wo die wohl herkämen. Und dann gestern in einem Riesensee mitten auf der Bettdecke und allem, was darunter war. Seitdem habe ich einen Schlüssel fürs Zimmer (den vom Badezimmer, der passt auch in meine Tür. Im Badezimmer muss man jetzt singen.) Denn Schlüssel Umdrehen schafft er noch nicht. Mal sehen, wie lange es dauert, bis er es kann.
Ikea-Matratzen sind übrigens nicht dafür gedacht, dass man sie nach dem Säubern umdreht. Man schläft dann auf einem merkwürdigen Blechgeflecht. Jedenfalls bei dieser. Aber es war das kleinere Übel.
Die Stadt mit all ihrem Stein saugt die Hitze des Tages auf, im festen Glauben, einem damit abends eine Freude zu machen. Bloß hab ich, weil ich doch letztes Mal hier so viel gefroren habe, wohl zwei warme Jacken und eine Thermoweste dabei, aber praktisch nichts Kurzärmeliges.
Die ganze letzte Woche war näher an Pizzaofen als an Kühlschrank. Allmählich kann man aber auch lange Hosen anpeilen. Zumindest morgens. Jetzt, auf der Schulterrasse wünschte ich, ich hätte das Sommerröckchen dabei.
Aus der Reihe „Lustige Zufälle“: Am Wochenende wollte ich das schöne Wetter ausnutzen und auf die Cavallino-Halbinsel, von der ich in dem Mini-Film erzählt habe, fahren. Da kann man sich Fahrräder ausleihen und durch die merkwürdige Salinen- und Schlicklandschaft im Norden der Lagune fahren, halb bewohnt und halb sehr mooriges und wässriges Landschaftschutzgebiet. Da erscheint es einem noch abwegiger, dass jemand auf die Idee kommen konnte, ausgerechnet da eine Stadt reinzubauen.
Ich trödelte am Samstag Morgen so vor mich hin, ganz froh, keinen festen Schul-Termin zu haben, und suchte mir auf der Website „Che bateo?“ (Venezianisch für „Welches Boot?“) eine Verbindung zur Punta Sabbioni raus. Umsteigen am Lido, wieder eine Verbindung, die so gerade noch mit dem 90-min.-Ticket schaffbar ist.

Ich stieg am Ponte delle Guglie ein und verschlief den größten Teil der Fahrt bis zum Lido. Das Boot brauchte viel länger, als die Website prophezeit hatte, und ich sah am mein Anschlussboot gerade noch abfahren. Das nächste fuhr 30 min. später, da wäre die Fahrkarte abgelaufen gewesen.
Also beschloss ich kurzerhand, den Lido besser kennenzulernen und begann, am venedigseitigen Ufer nach Norden zu wandern. Der Blick ist sehr schön, das Wasser irgendwo zwischen türkis und dunkelpetrol, links fuhren Boote zwischen mir und den Türmen der Stadt, rechts Autos zwischen mir und schicken alten Hotels. Ich war in den Anblick ziemlich versunken und fühlte mich erst nicht angesprochen, als jemand „Julia?“ rief. Beim zweiten Mal guckte ich hoch und stand vor Sayzana, der schönen Sibirierin, mit der ich vor drei Jahren bei Alberto studiert hatte. Welche Freude! Sie hatteich sowieso gern treffen wollen, war mir nur nicht sicher, ob sie noch in Venedig wohnte. Aber ja. Sie arbeitet neben dem Studium immer noch in der Schmuck-Boutique, in der sie damals angefangen hat. Den Job hat sie nicht etwa bekommen, weil sie in irgendeiner Weise Ahnung von Gold und Edelsteinen gehabt hätte, sondern weil sie neben inzwischen wunderbarem Italienisch auch noch muttersprachliches Russisch und sehr gutes Chinesisch spricht, also genau die richtigen Sprachen für die Leute, die hier die meisten Juwelen kaufen. Wäre sie nicht mit ihrem Mann inzwischen auf den Lido gezogen und hätte ich nicht den Anschluss verpasst…. – o.k., dann hätte ich ihr vermutlich eine SMS geschrieben, um sie zu treffen.

Nach einigen Sackgassen, die vor Gartenpforten endeten, und einem Picknick auf der Wiese vor San Nicolò mit schaukelnden Booten vor der Nase (die seht ihr auf obigem Bild. Solche Ziegelsteinrillen waren gewöhnlich dafür gedacht, dass nachher die Marmorfassade besser an der Kirche haftet, und dann reicht das Geld gewöhnlich nicht mehr für den Marmor, deswegen gibt es hier einige solcher quergerippter Kirchen) fand ich den Weg zum nördlichen Strandabschnitt. Erst ein Strandbad dicht an dicht am anderen, alle mit Musikbeschallung, Liegestuhlverleih und Catering, dann eine Schranke, hinter der ein Schotterweg in die Dünen führte.

Also nicht dass ihr euch da Sylter oder Bornholmer Dünen vorstellt, die hiesigen sind eher 75 cm als 75 m hoch. Aber mich bezauberte diese Weite und die ungewohnte Landschaft. Und im Unterschied zu den vollen Parkplätzen und Strandbädern war hier absolut nichts los. Einige abgeschrammte Plankenwege führten schließlich an den Strand, und auch da waren kaum Leute. Anscheindend wirkt das Verleihen von Sonnenschirmen und Liegestühlen enorm anziehend auf die meisten Badewilligen.

Was auf mich anziehend wirkte, waren die Schneckenhäuser und Muscheln, die da rumlagen. Alles voller Schätze!
WIE oft habe ich mir schon gesagt, ich würde ab sofort nie wieder Muscheln aus dem Urlaub mitbringen, weil sie zu Hause nur rumliegen. Aber keine Chance. Das Sammeln mach mich einfach so glücklich, ich kann nicht anders. Diese viele Schönheit, die da einfach so rumliegt. Zum Teil zu tollen Gebilden zusammengewachsen wie diese Maus aus Schneckenhaus und Mini-Auster:

Gleich das erste Schneckenhaus, an dem ich zog, wehrte sich und schien am Nachbarschneckenhaus anzuhaften, obwohl es so aussah, als wäre keine Schnecke mehr drin. Dann sah ich etwas strampeln und wedeln, als ich das Gehäuse anhob. Ein winzig kleiner Einsiedlerkrebs winkte mir empört zu, ich solle ihn SOFORT wieder runterlassen, er habe da Wichtiges zu tun mit der neuen Bekannten. Ups. Ich ließ ihn wieder zu Wasser.
Bei näherer Betrachtung war zu sehen, dass abschnittsweise nicht ein einziges der kleinen Schneckenhäuschen mehr von der Originalbesitzerin bewohnt war. Alle von Untermietern, die mit ihren mobilen Behausungen hektisch hin- und herkrabbelten und taten, was Krebse eben so tun, wenn sie sich unbeobachtet glauben.
Ganz offenbar können sie unter Wasser atmen, keiner von ihnen versuchte jemals aufzutauchen, um etwa Luft zu schnappen.
Hier die gefundenen Schätze, die NICHT wegliefen beim Aufheben:

Jetzt liegen sie alle auf der Kommode in meinem Zimmer. Laura rief begeistert „Ohhh, che bello!“ Sie kann auch nicht anders, als zu sammeln.
Und steht nicht dieser ganze Sommer irgendwie unter der Überschrift „bezaubernde Bahausungen“? Von Lehmhütten über Venezianische Paläste bis zu gepunkteten Schneckenhäusern in Zweitnutzung.

Sonntag brachte die Folge „schöne Zufälle, Teil 2“. Ich wollte nun endlich die Radtour durchs Moor nachholen – aber als ich am Bootsanleger stand, hatte ich sowas von überhaupt keine Lust auf eine Stunde mit Maske vor der Nase, zumal ich durch meine wiederverwendete Einwegmaske immer schlechter Luft holen konnte und das Gefühl hatte, das pure Gift einzuatmen. Was gar nicht so unwahrscheinlich ist, denn sie konnte jetzt ja eine hübsche Zucht an Bakterien und Schimmelpilzen aufbauen durchs tägliche stundenlange Anhauchen. Außerdem die Weichmacher und Papierleime und sonstige Zutaten, die nicht für den Dauergebrauch gedacht sind…
Und ich hatte keine Lust, mir eine von den hübschen mit San-Marco-Motiv oder Blümchen drauf zu kaufen. Ich lehne es ab, aus etwas, das mir gegen meinen Willen aufgedrückt wird und von dem ich annehme, dass es nicht funktionieren kann, denn auch bei Operationen werden die ja genutzt, um die Übertragung von Keimen zu reduzieren, nicht aber von Viren, die so klein sind, dass sie durch die Poren einfach durchfliegen können, ein modisches Statement zu machen. O.k., auch „Ich zeige mit meiner Maske, dass ich Maskentragen blöd finde“ ist natürlich ein modisches Statement. Aber jedenfalls war ich so mißgelaunt, dass ich lieber keinen Ausflug machen wollte als wieder zwei Stunden mit Beklemmungen zu versuchen, an der Maske vorbeizuatmen. Das Boot, wo man bei Halbmast-Maske nicht ermahnt wurde, war nämlich das einzige, wo das geklappt hat.
Also marschierte ich von der Vaporetto-Haltestelle Fondamente Nuove wieder weg und verfranzte mich in den Gassen der nördlichen Stadtsechstel. Die Kirche San Frencesco delle Vigne mit dem hinreißenden Madonnengemälde mit den vielen Vögeln drauf war leider zu. ein paar Plätze weiter sprach mich ein Mensch mit wilden Locken und ebensolchen Zahnlücken an, wo ich denn hinwolle, Arsenale oder San Marco? Offenbar wollen Touristinnen in der Gegend immer nur zu einem der beiden Orte. Ich sagte, es sei mir völlig egal, ich sei nur am Spazierengehen. Daraufhin meinte er, er gehe zum Arsenale (der ewig alten Werft mit den aus Griechenland geklauten Marmorlöwen mit von wikingischen Söldnern reingeritzten Runen drauf) und könne mir den Weg zeigen. Also liefen wir im Zickzack durch Gassen und Plätze. Er war überzeugt, ich verstünde ihn nicht die Spur und erklärte mir alles fünfmal und in Ein-Wort-Sätzen. Witzigerweise greift auch da das als „Pygmalion-Effekt“ aus der Schulforschung bekannte Phänomen. Ist der Lehrer übezeugt, bei den Schülern sei Hopfen und Malz verloren, geht deren IQ sofort messbar um erschreckend viele Punkte nach unten. Gibt man dieselben Schüler einer Lehrkraft mit der vertraulichen Info, das seien Hochbegabte, die aus purer Unterforderung schlecht abschnitten, sind dieselben Kinder in kurzer Zeit verblüffend viel besser in Mathe oder was auch immer. Jedenfalls brachte ich bald kaum noch einen geraden Satz zusammen, was ihn aber nicht störte. Er bestätigte, dass es sich in Castello sehr schön ruhig lebt im Gegensatz zu den zentraleren Gegenden, und dieses Jahr natürlich besonders, und beruhigte mich, dass in Venedig nicht viele CoViD-Fälle gewesen seien, und jetzt gar keine mehr. „Siamo puliti.“ – Wir sind sauber.

Vor den geklauten Löwen trennten wir uns sehr freundschaftlich, und ich setzte mich auf eine Steinbank an einer Brücke und döste vor mich hin. Eine halbe Stunde später liefen wir uns auf dem anderen Rio-Ufer wieder über den Weg, er kam gerade vom Supermarkt zurück. „Salve!!!! Vuoi Patatine?“ Er hatte mehrere Tüten entsetzlicher Kartoffelsnacks in absonderlichen Formen gekauft und bestand darauf, mir eine zu schenken. „Son buoni!“ Er erzählte noch, dass er nach Chioggia fahren würde, um zu wählen (hier sind gerade Regional- und Bürgermeisterwahlen), und dass er sich seit 25 Jahren als „Sagrestano“ in zwei Kirchen um alles kümmert bis hin zur Pflege der Gemälde, und dass es jetzt zehn Tage regnen würde. Dann verabschiedeten wir uns noch einmal herzlich. Donnerwetter. Auf Pellestrina hatte ich schon Leute auf der Straße getroffen, die es schön fanden, mal mit Touristinnen zu quatschen, aber in Venedig selbst doch nicht!

Es zog sich merklich zu, und ich strolchte die Via Garibaldi entlang, eine frittierte Kürbisblüte in der Hand, die ich mir in einer Bar als Vorwand geholt hatte, dort auf die Toilette zu dürfen. Die Via Garibaldi ist eine der insgesamt zwei breiten Straßen Venedigs, die beide von Napoleon angelegt wurden durch Zuschütten eines zwischen zwei begehbaren Ufern fließenden Rios. Damit man auch mal IRGENDWO Platz zum Flanieren hat. Und für miltitärische Aufmärsche und so.
Und rechts ganz hinten war ein Laden mit sehr ungewöhnlichen Hand-Drucken von Fotografien. Auf Bütten, auf Stoff, auf Leder. Von der Optik her zwischen Holzschnitt, Zeichnung und Foto. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Und da hing ein kleines Schild: In einem einstündigen Workshop zeige ich Ihnen die Technik, die ich hier entwickelt habe. Ich fand das spannend. Ich ging weg. Nach einer kurzen Runde stand ich wieder vor dem Laden. Der Besitzer winkte mich rein. Er erklärte ein bisschen, er nannte den Workshop-Preis…. uuuups – aber o.k. Er ist der Einzige, der das kann, außer denen, denen er es beigebracht hat, er hat da Jahre des Experimentierens reingesteckt, und es IST eine tolle Technik. Da sind 90,- € wohl nicht zu viel. Zumal eine Ruderstunde in Venedig das auch schon kostet. Ich sagte, ich müsste mir das überlegen. Wir quatschten uns fest. Irgendwann fiel mir auf, dass ich unmaskiert war. Ich sagte, „Oh Entschuldigung, ich habe vergessen….“, er winkte ab. „Mir völlig egal.“
Ich fragte ihn, wie er darauf gekommen sei, auf diese Technik, durch Zufall oder bewusste Suche, und darauffhin öffnete er seinen „Giftschrank“, also die Mappe, wo draufsteht „Büchse der Pandora, nicht öffnen!“ und zeigte mir die Bilder, für die er eine neue Art zu drucken gebraucht hatte. In stundenlanger Arbeit hatte er Lieblingsstellen aus Lieblingsbüchern auf die Haut seiner Modelle kalligraphiert, zum Teil mit Zeichnungen und Ornamenten dazu, und sie dann fotografiert. Und diese Fotos hatte er dann von verschiedenen Druckereien und Copyshops versucht auf eine künstlerisch überzeugende Weise drucken zu lassen, und nichts sah RICHTIG aus. Daraufhin begann er, nach Möglichkeiten zu suchen.
Dann sagte er: „Wenn du zehn Minuten Zeit hast, kannst du bei einem Druck zugucken“, und goss verschiedene Flüssigkeiten von hinten und vorn auf sein bedrucktes A-4-Blatt, föhnte sie jeweils wieder trocken, verteilte dicke klebrige Ölfarbe o.ä. drauf, spachtelte sie dünn, pinselte mit Wasser, rieb mit einem dicken Quast – und plötzlich kam das Originalfoto wieder zum Vorschein, ein bisschen richtung Linolschnitt verfälscht. Daraufhin legte er es auf ein Stück dickes Büttenpapier, deckte es mit einer Filzplatte ab und walzte es zweimal durch eine Art Nudelmaschine oder Wäschemangel. Und dann war das Fotomotiv aufs Schönste auf das edle Papier übertragen und wirkte großartig. Und er sagte: „Weißt du was? Da du so wenig arbeiten konntest dieses Jahr, würde ich dir den Workshop auch für 70,- € geben.“
So, jetzt weiß ich, er ist jeden Tag da, bis mindestens 19:00 Uhr, und sobald mal mieses Wetter ist, kann ich da hinspazieren und etwas lernen, von dem ich nie gedacht hätte, dass es mich interessiert.
Und ich könnte meine Knotenzeichnungen damit drucken. Oder eine Kanon-Sonderausgabe. Oder Fotos.
Ich war ganz aufgeregt, weil ich dachte, Nicole und Fritjof müssten das lernen, um Nicoles Fotos auf unerwartete Sachen drucken zu können und in Fritjofs Laden ein Vermögen damit zu verdienen. Der Ladenbesitzer sah es gelassen. „Sie muss nicht selbst herkommen. Ich zeige es dir, und du zeigst es ihr. So einfach ist das. Ich habe das schon fünfjährigen Kindern beigebracht.“ Mit dieser beruhigenden Einschätzung meiner handwerklichen und pädagogischen Qualitäten machte ich mich wieder auf.

Und heute nach dem Unterricht auf der Schulterrasse sagte wieder jemand „Julia?“ und eine Frau, von der ich wusste, dass ich sie kenne, nur nicht, woher, guckte mich erstaunt an. Es stellte sich raus, ich hatte ihr vor Jahren in meinem Buchenried-Oster-Singkurs von dieser Schule erzählt, und seitdem ist sie Fan und kommt fast jedes Jahr. Außerdem hat sie die Erzählerinnen-Ausbildung bei Peter Glass gemacht, die auch Luisa gemacht hat, und die ich ihr deshalb empfohlen hatte. Und auch davon war sie begesitert. Toll. Und, weil sie selbst malt und Musik macht und schreibt und Kulturspaziergänge anbietet und am liebsten alles miteinander verbinden will, habe ich ihr von dem Druck-Workshop erzählt.
Wie es aussieht, machen wir ihn jetzt miteinander. Donnerstag oder Freitag.
So, Sayzana hat noch nicht geantwortet, jetzt gehe ich bummeln. Um viertel vor sechs treffen wir uns zum Kunstgeschichts-Spaziergang mit Ester, die uns letzte Woche auf den Spuren Tintorettos durch Cannareggio geführt hat.
Wusstet ihr, dass Tintoretto nicht nur einen seiner Söhne als Maler ausgebildet hat, sondern auch seine illegitime älteste Tochter Marietta, die er mit einer deutschen Geliebten hatte? Sie war vermutlich die erste professionelle Malerin Venedigs, und die Legende erzählt, dass er sie als Jungen verkleiden musste, damit das ging. Als sie mit etwas über dreißig starb, bestand er darauf, dass sie in „seiner“ Kirche Madonna dell’Orto begraben wurde. Sein eigenes Grab ist daneben.
Mal sehen, was Ester heute zu erzählen hat.
Viele liebe Grüße
Julia











































